Wenn Werbung am Keks geht

Auch die „Dschungelcamp“-Teilnehmerin Helena Fürst durfte sich über ein Pick up-Keks freuen.
Auch die „Dschungelcamp“-Teilnehmerin Helena Fürst durfte sich über ein Pick up-Keks freuen.(c) youtube
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RTL hat seine Stars im Dschungel zu oft in Pick up-Kekse beißen lassen. Zu offensive Produktplatzierung ist rechtlich unzulässig. Erfolgreich war die Werbung trotzdem.

Wien. Eine 96-Sekunden-Sequenz der Fernsehreihe „Dschungelcamp – „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus“ brachten den privaten Fernsehsender RTL nun vor Gericht. Die Niedersächsische Landesmedienanstalt hatte nach der Ausstrahlung einer Folge im Jahr 2014 beanstandet, dass es darin zu einer unzulässigen Produktplatzierung des Bahlsen-Schokoladekeks Pick up gekommen sei. Dagegen hatte RTL geklagt. Ohne Erfolg. Was zu viel ist, ist zu viel, entschied das Verwaltungsgericht Hannover, nachdem es sich den Ausschnitt angesehen hatte.

Vorweg eine Info für all jene, die nicht zu den Fans der Erfolgsserie zählen: Die Dschungelbewohner bekommen während des wochenlangen Camps in Australien lediglich Reis und Bohnen vorgesetzt. In den streitauslösenden eineinhalb Minuten jedoch wurde diese Monotonie unterbrochen. Nachdem ein Teilnehmer eine der Dschungelprüfungen erfolgreich absolviert hatte, durfte er quasi als Belohnung eine Schatzkiste öffnen: Und sie barg eine Großpackung Pick up.

„Hammer, krass, lecker, yummi“

Die Freude darüber war nicht nur bei ihm, sondern auch bei den anderen Campern übergroß. Bevor sie lustbetont in die Schokoriegel bissen, wurden die Kekse gut sichtbar in die Höhe (und in die Kamera) gehalten. Damit nicht genug, auch bei den anschließenden Gesprächen am sogenannten Dschungeltelefon äußerten sich die Keks-Esser enthusiastisch mit Phrasen wie „Hammer, krass, lecker, yummi“, „Das hat wirklich alles: Karamell, Schokolade und Keks. Was will man mehr?“, „Das ist eine Geschmacksbombe“ oder „Kannst du dich auch vermehren?“

Und genau daran stießen sich die Richter in Hannover. Grundsätzlich sind Produktplatzierungen nach dem Rundfunkstaatsvertrag nämlich zulässig, allerdings gibt es Grenzen. Es darf nicht zu einer allzu starken, plumpen Hervorhebung kommen, sodass der Zuseher zum Kauf des Produkts angeregt wird. Genauso wenig darf es die Handlung dominieren.

All das wäre auch in der ersten Phase nicht der Fall gewesen, so die Richter. All die Einstellungen, in denen die ausgehungerten Stars beim genüsslichen Verzehr gezeigt würden, stellten keinen Verstoß gegen das Übermaßverbot dar, denn der programmatisch-dramaturgische Zusammenhang sei dabei noch gewahrt worden. Erst mit den Hymnen am Dschungeltelefon sei RTL zu weit gegangen. Dabei sei einzig und allein der Werbezweck im Vordergrund gestanden.

Man werde die Entscheidung prüfen und dann über weitere Schritte entscheiden, sagte ein RTL-Sprecher, nachdem die Klage abgewiesen worden war.
Bahlsen hingegen kann gelassen bleiben. Mit Native Advertising, wie das Werbeformat in der Branche genannt wird, hat das Unternehmen großen Erfolg. Das Geheimnis: Reklame wird nicht als solche etikettiert, sondern in redaktionellen Kontext eingebettet.

Bahlsen-Absatzzahlen stiegen

Und wenn es sich dabei um eine Sendung handelt, die täglich mehrere Millionen Zuschauer verfolgen, ist das „mehr wert als jeder Werbespot“, sagt Bahlsen-Marketingchef Kamran Wührmann. Durch die neue Werbeform werde die Marke vom Publikum jung, innovativ und sympathisch wahrgenommen. Das belegen auch die Fakten. Die Absatzzahlen konnte Bahlsen auch diesen Jänner – in diesem Monat wurde das „Dschungelcamp“ ausgestrahlt – stark steigern. Der Marktanteil lag im Februar um gleich 20 Prozent höher als zuvor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2016)

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