Deutschland: Produktion überraschend stark gestiegen

(c) AP (Frank Hormann)
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Stärkstes Plus seit 1993 im Monatsvergleich. Starke Impulse kamen von der Automobilproduktion. Der Internationale Währungsfonds rechnet ab 2010 mit dem Beginn einer Erholung und einem weltweiten Wachstum von 2,5 Prozent.

Wien (ag./mar). Ein Seufzer der Erleichterung war in ganz Deutschland nicht zu überhören: Der produzierende Sektor hat die Herstellung im Mai gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 3,7 Prozent erhöht. Das ist der höchste gegenüber einem Vormonat gemessene Anstieg seit 16 Jahren.

Starke Impulse kamen von der Automobilproduktion. Hersteller von Autos, Maschinen und anderen Investitionsgütern verzeichnen mit 8,3 Prozent das größte Plus. Auch bei Aufträgen können sich Unternehmen über einen Zuwachs freuen: Im Mai gingen um 4,4 Prozent mehr Bestellungen ein als im Vormonat – das ist der dritte Anstieg in Folge und der stärkste seit fast zwei Jahren.

18 Prozent hinter dem Vorjahr

Während das Wirtschaftsministerium und einige Volkswirte bereits „die Talsohle durchschritten“ sehen, relativieren andere die Einschätzung. So meint Norbert Braems von Sal. Oppenheim, der Produktionszuwachs sei „eine sehr starke Zahl, aber natürlich auch eine Gegenbewegung zu den äußerst schwachen Daten der Vergangenheit.“

Betrachtet man nämlich nicht nur die Kennzahlen für den Mai, sondern im Jahresvergleich, so liegt die Produktion der deutschen Industrie um über ein Fünftel unter den Niveau von 2008. Und das produzierende Gewerbe bleibt im Vergleich zu 2008 um 17,9 Prozent zurück. Ein Blick auf die deutsche Stahlindustrie zeigt ebenfalls die Ambivalenz der Situation. Die Produktion stieg im Juni gegenüber dem Vormonat um 13,6 Prozent. Allerdings liegt sie um 41,0 Prozent unter dem Wert vom Juni 2008.

IWF erwartet 2010 die Wende

Der Internationale Währungsfonds rechnet ab 2010 mit dem Beginn einer Erholung und einem weltweiten Wachstum von 2,5 Prozent. Deutschland steht dem IWF zufolge mit einem Minus von 6,2 Prozent in diesem und einem leichten Plus von 0,6 Prozent im kommenden Jahr weniger gut da. Die positive Entwicklung bei Aufträgen und Produktion ist auf den ersten Blick ein Widerspruch zu diesen Prognosen, passt aber dennoch ins Bild. Weil die Industrieproduktion als Erste die Krise zu spüren bekommen hat, kann sie auch als erster Sektor den Tiefpunkt wieder verlassen. Der Arbeitsmarkt wird Experten zufolge erst mit einer Verzögerung von einem halben Jahr auf die drastischen Einbrüche reagieren. Danach folgt der Konsum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2009)

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