Iran: Goldgräber in Sachen Umweltschutz

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Österreichische Firmen hoffen, an Irans Umweltproblemen verdienen zu können.

Teheran. Man kann vieles schönreden, wenn man es ins richtige Verhältnis setzt. Im Vergleich mit Peking also ist Teheran ein Luftkurort. Für sich betrachtet aber hat die iranische Hauptstadt zu viele Einwohner (acht Millionen bzw. inklusive Vororte 15 Millionen), zu wenige öffentliche Verkehrsmittel, zu viele Autos und zu wenige Straßen. Die Folge ist ein Dauerstau und eine Luft, die bei Inversionswetterlage im Winter dazu führt, dass die Schulen geschlossen bleiben.

Das beweist einmal mehr, dass etwas nicht besser wird, nur weil man es in die Verfassung schreibt – wie im Iran den Schutz der Umwelt. Und auch nicht, dass sich Dinge verbessern, wenn man nur genügend Expertentreffen und Messen abhält. 14-mal wurde bereits eine internationale Umweltmesse in Teheran veranstaltet, die 15. aber findet in einem neuen Zeitalter statt: In der Zeit nach den Sanktionen – und damit mitten in der Goldgräberstimmung, die sich seit einigen Monaten im Iran breitmacht.

Zur aktuellen Umweltmesse in Teheran sind daher so viele internationale Unternehmen angereist – 33 aus 20 verschiedenen Ländern – wie noch nie, darunter auch Österreichs Umwelt- und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter mit einer zwölfköpfigen Wirtschaftsdelegation. Österreichisches Know-how könnte gefragt sein, wenn sich Teheran der Luftproblematik oder des gravierenden Wasserproblems im ganzen Land annimmt. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um unsere Zusammenarbeit zu verstärken“, meinte Rupprechter bei einem Treffen mit Massoumeh Ebtekar, Leiterin der Umweltorganisation im Iran und Vizestaatspräsidentin. Er spüre eine „Stimmung des Aufbruchs“, die sich auch im Umweltbereich zeige. Rupprechter lobte in dem Zusammenhang die Regierung und bezeichnete es als „eindrucksvoll“, dass eine Staatsführung die Rolle des Umweltschutzes durch das Festschreiben in der Verfassung hervorhebe.

1000 Zuchtrinder

Der richtige Umgang mit den Ressourcen will freilich erst gelernt sein, wie auch Houman Liaghati, Vorstandsmitglied im nationalen Umweltfonds, erklärt. „Teilweise wird bei uns völlig falsch angebaut. In heißen Regionen wird beispielsweise Reis gepflanzt, der sehr viel Wasser benötigt.“ Die Folge ist Wassermangel für andere Einrichtungen. Laut einer Botschaftsmitarbeiterin wird fast 90 Prozent des Wassers im Iran von der Landwirtschaft verbraucht. Viele iranische Provinzen sind mittelfristig von Austrocknung und Dürre bedroht, gefährliche Sandstürme sind ein neues Phänomen, mit denen sich die Städte beschäftigen müssen.

Abwasserentsorgung und -aufbereitung sei daher ein Bereich, in dem Österreichs Firmen Chancen hätten, meint Rupprechter. Franz Neubacher, Geschäftsführer des Wiener Ingenieurbüros UVP, sieht das ähnlich: „Die Iraner verstehen die Problematik durchaus.“ Die Frage sei aber, ob sie bereit seien, zur Lösung auch viel Geld in die Hand zu nehmen. „Da bin ich mir noch nicht so sicher.“

Vizepräsidentin Ebtekar betont, ihr Land stehe generell vor vielen Herausforderungen. Die Umwelt sei nur eine, aber eine vordringliche, die alle Menschen betreffe. Ihr Land habe sich bei der Klimaschutzkonferenz in Paris zu weitreichenden Zielen verpflichtet, das sei wichtig und richtig. „Wir sind alle Passagiere des gleichen Schiffes.“

Im Iran droht dieses Schiff in Müllbergen unterzugehen. Die fast 80 Millionen Einwohner produzieren enorme Mengen, die durch den steigenden Konsum nach den Sanktionen weiter wachsen werden. Nur etwa sechs Prozent dieser Abfälle werden recycelt, mehr als 80 Prozent werden deponiert. In Teheran gibt es nur eine Müllverbrennung mit einer Kapazität von 200 Tonnen pro Tag. Bei der Abfallsammlung, Entsorgung, Behandlung und Trennung sei man „in einem Entwicklungsland“, meinte ein Wirtschaftsdelegierter.

Auch im Agrarbereich hoffen die Österreicher zu punkten. Bei Landmaschinentechnik sei sehr viel möglich, sagt Hermann Wieser, Geschäftsführer des AAC, eines Zusammenschlusses von Herstellern von Agrar- und Lebensmitteltechnologien. „Traktoren, Grünlandtechnik – da ist man hier weit hinten.“ Derzeit aber gibt es in der iranischen Landwirtschaft drängendere Probleme. Die Fleischproduktion hinkt nach, die heimischen Tiere vermehren sich nicht genug. Österreich hilft nach: In den kommenden Wochen liefert man 1000 Zuchtrinder in den Iran.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2016)

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