Russische und chinesische Ölkonzerne im Kaufrausch

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oil worker(c) AP (Hasan Jamali)
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Das Volumen der 100 größten Zukäufe im Öl- und Gassektor ist im ersten Halbjahr 2009 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um zehn Prozent gestiegen. In Summe wurde für 96,7 Mrd. Dollar zugekauft.

Moskau. Je tiefer die Krise, umso größer die Kauflaune. Zumindest auf dem Öl- und Gassektor scheint dieses Paradox stattzufinden. Wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) in ihrem aktuellen Bericht über Mergers & Akquisitions (M&A) darlegt, ist das Volumen der 100 größten Zukäufe in diesem Sektor im ersten Halbjahr 2009 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um zehn Prozent gestiegen. In Summe wurde für 96,7 Mrd. Dollar zugekauft.

Hauptverantwortlich für diesen Trend waren Rohstoffunternehmer aus den Schwellenländern. Von den 48 Mrd. Dollar Kaufsumme der 50 größten Deals im zweiten Quartal kamen 24,2 Mrd. Dollar auf die aufstrebenden Volkswirtschaften. Das Gros davon auf China und Russland.

Krise als Chance für Expansion

Der Öl- und Gassektor hebt sich so von der Gesamtwirtschaft ab, deren globale Fusions- und Akquisitionsaktivität weit unter dem Niveau vor der Krise liegt. Wie die Agentur Dealogic in ihrer Statistik für das erste Halbjahr 2009 feststellt, brach die Zahl der Deals gegenüber 2008 um 35Prozent auf 1,14 Bio. Dollar ein.

Vor allem staatliche und halbstaatliche Konzerne aus China und Russland haben die Krise zur Expansion genützt. So übernimmt die vom chinesischen Staat kontrollierte Sinopec für 8,8 Mrd. Dollar den in Genf ansässigen Öl- und Gasförderer Addax Petroleum. Unter den zehn größten Deals kommen drei auf die Chinesen. Ebenfalls drei wurden von Russen getätigt. Diese haben vor allem in der Heimat zugekauft. Die drei größten russischen Deals hat ein einziger Konzern bestritten: Der staatlich kontrollierte Monopolist Gazprom, der laut PwC 8,3 Mrd. Dollar auf den Tisch gelegt hat. Expandiert hat auch der russische Mischkonzern „Sistema“, der zwei Mrd. Dollar für Aktiva in der ölreichen Provinz Baschkortostan ausgelegt hat.

Etwa gleich viel (1,9 Mrd. Dollar) hat die viertgrößte russische Ölgesellschaft Surgutneftegaz in die Hand genommen, um die 21,2 Prozent Anteile der OMV an der ungarischen MOL zu kaufen. Experten erwarten aber einen Rückgang der Zahl der russischen Fusionen und Akquisitionen im zweiten Halbjahr. In der russischen Wirtschaft sind – abgesehen vom Ölsektor – die Zukäufe laut der Branchenagentur M&A-Online im ersten Halbjahr 2009 um mehr als die Hälfte auf 46,16Mrd.Dollar geschrumpft. Im Energiesektor wurde oft nur weiter zugekauft, weil das schon in den Vorjahren eingeplant war. Die Finanzkrise zwingt die Betriebe nun, ihre Investitionsprogramm zu reduzieren.

Auf einen Blick

Fusionen und Übernahmenstagnieren seit dem Ausbruch der Krise. Eine Ausnahme ist der Öl- und Gassektor. Vor allem Konzerne auch China und Russland nutzen die Krise nun zur Expansion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2009)

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