„Beratung wird es immer geben“

(c) Michaela Bruckberger
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Simon Tribelhorn, Chef des Liechtensteinischen Bankenverbands, über den Franken-Schock, das Bankgeschäft der Zukunft und die neue Steuerehrlichkeit.

Die Presse: Herr Tribelhorn, in der Eurozone sorgen die negativen Zinsen für Wirbel. Auch im Schweizer-Franken-Raum sind Minuszinsen längst von der Schweizer Nationalbank, der SNB, verhängt worden. Wie kommen die Banken in Liechtenstein damit zurecht?

Simon Tribelhorn: Die Schweizer Nationalbank hat vor gut einem Jahr sowohl den Mindestkurs aufgegeben als auch die Minuszinsen eingeführt, da der Druck auf den Schweizer Franken zu groß wurde. Die Entscheidung kam für die Banken überraschend und war eine neue Herausforderung, wobei die Betroffenheit von Bank zu Bank ganz unterschiedlich war. Generell ist dadurch aber das ohnehin nicht einfache Umfeld für die Banken noch anspruchsvoller geworden. Denn die Maßnahmen hatten Auswirkungen in mehreren Bereichen, etwa auf das Kosten-/Ertragsverhältnis, das Zinsgeschäft sowie die in Euro gebuchten Kundenvermögen. Die Banken sind aber sehr professionell damit umgegangen und haben die Aufhebung des Mindestkurses besser verkraftet als erwartet.

Die Frage ist allerdings, wie fit die Banken für die Zukunft sind. Gerade für die junge – auch die vermögende – Generation ist das elektronische Banking zunehmend wichtig.

Hier sehen die liechtensteinischen Banken sehr großes Potenzial und investieren deshalb auch stark in die digitalen Dienstleistungen. Die Liechtensteinische Landesbank, kurz LLB, beispielsweise hat im Vorjahr große Investitionen bekannt gegeben und erst kürzlich die Videoidentifikation sowie LLB Invest eingeführt. Letztendlich wird die zunehmende Digitalisierung einen starken Einfluss auf die Zukunft des Bankgeschäfts haben und zu einem komplett neuen Beratungsansatz führen.

Wird es den klassischen Private Banker in Zukunft also nicht mehr in dieser Form geben?

Bedarf an Beratung wird es immer geben. In Folge der Digitalisierung wird sie aber zunehmend individueller, interaktiver und sehr maßgeschneidert vorgenommen werden können. Für sehr individualisierte Lösungsansätze bei der Veranlagung werden die Kunden auch künftig bereit sein, einen Preis zu bezahlen. Im Backoffice-Bereich wird die Abwicklung weiter automatisiert, die Kosten werden damit gesenkt werden können. Es werden sich also die Art und die Kommunikationskanäle des Private Banking sowie die Gebührenmodelle verändern.

Für das abgelaufene Geschäftsjahr haben die drei großen liechtensteinischen Banken ihre Ergebnisse für 2015 veröffentlicht, mit teilweise kräftigen Gewinnsteigerungen. Davon sind zahlreiche andere Banken in Europa bekanntlich weit entfernt. Was läuft in Liechtenstein besser?

Die liechtensteinischen Banken haben rechtzeitig ein striktes Kostenmanagement umgesetzt und ihre Strategien konsequent verfolgt. Dazu gehören die weitere Internationalisierung, die Fokussierung auf sowie das Wachstum in strategischen Zielmärkten, aber auch die Weiterentwicklung der Services durch zunehmende Digitalisierung. Die LGT hat etwa früh auf internationales Wachstum gesetzt und gerade erst eine Mehrheitsbeteiligung am UK-Investmenthaus Vestra Wealth gekauft. Zudem verfügen die Banken über eine Kernkapitalquote von mehr als 20 Prozent, womit sie Akquisitionen aus einer Position der Stärke heraus tätigen können.

Das Neukundengeschäft verlagert sich dabei zunehmend auf den Onshore-Bereich, sprich in Länder außerhalb Liechtensteins.

Die Marktbearbeitung und das Akquirieren von Neukunden ist in den traditionellen Märkten wie zum Beispiel Deutschland in der Tat sehr anspruchsvoll. Demgegenüber wachsen die Banken in den Wachstums- und in den Heimmärkten. Und zu Letzterem gehört für die LLB und die LGT, die beide vor Ort sind, auch Österreich.

Studien zeigen allerdings, dass immer mehr neue Vermögende aus Osteuropa sowie Asien kommen. Wie wird dieser Entwicklung begegnet?

Tatsächlich lässt sich Osteuropa gut von Österreich aus betreuen. Gleichzeitig sind die Banken auch in Asien weiter gewachsen. Dort dauert es hingegen sehr lang, um Fuß zu fassen, und es bedarf einer Betreuung vor Ort. Allein die LGT ist schon seit Jahrzehnten etwa in Singapur und Hongkong vertreten, und das mit Erfolg.

Also noch bevor Singapur als die neue Schweiz gehandelt wurde?

Auch Singapur hat sich, genauso wie Liechtenstein und die Schweiz, zum Automatischen Informationsaustausch, dem AIA, nach dem OECD-Standard bekannt und wird diesen auch umsetzen. Was Liechtenstein anlangt, so hat das Land im vergangenen Jahr mit der EU ein entsprechendes Abkommen abgeschlossen und wird 2017 die relevanten Steuerdaten für das Steuerjahr 2016 an die ausländischen Steuerbehörden melden.

Zu dem Abkommen hat sich ja auch Österreich verpflichtet.

Nachdem Österreich erst 2018 – bezogen auf das Steuerjahr 2017 – zum AIA übergehen wird, gibt es hier im Vergleich zu den anderen EU-Staaten eine Ausnahmeregelung. Das im Jahr 2012 zwischen Liechtenstein und Österreich unterzeichnete Abgeltungssteuerabkommen wird noch weiter angewendet werden. Österreichische Privatanleger können demnach bei einem Konto in Liechtenstein immer noch zwischen der automatischen Abzugssteuer oder der Meldung an das Finanzamt des Wohnsitzes wählen. Welche Teile des Abgeltungssteuerabkommens durch den AIA genau ersetzt werden, ist noch offen. Derzeit laufen die entsprechenden Verhandlungen zwischen den beiden Ländern. Eine konkrete Lösung könnte voraussichtlich ab dem 1. Jänner 2018 für das Steuerjahr 2017 in Kraft treten. Offen ist unter anderem, ob dann die Möglichkeit zum automatischen Steuerabzug auf Kapitalerträge erhalten bleibt.

ZUR PERSON

Simon Tribelhorn
ist seit 2006 für den Liechtensteinischen Bankenverband tätig, seit 2010 als Geschäftsführer. Nach seinem Rechtsstudium an der HSG (Universität St. Gallen) arbeitete er sechs Jahre im Bankensektor, davon vier Jahre als Rechtskonsulent beim Schweizer Verband der Raiffeisenbanken. [ Liechtensteinischer Bankenverband]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2016)

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