Britische Notenbank warnt vor dem Brexit

A war memorial statue is seen in front of the Bank of England in the City of London, Britain
A war memorial statue is seen in front of the Bank of England in the City of London, Britain(c) REUTERS (TOBY MELVILLE)
  • Drucken

Sollten die Briten im Juni entscheiden, die EU zu verlassen, so drohen ihnen steigende Zinsen. Die Bank of England warnte jetzt erstmals explizit vor einem Brexit. Der Londoner Immobilienmarkt nimmt die Sorgen schon vorweg.

London/Wien. In weniger als drei Monaten wird die britische Öffentlichkeit darüber entscheiden, ob Großbritannien in der Europäischen Union verbleiben soll. Die auf der Insel sehr emotional geführte Debatte hat aber schon jetzt massive Auswirkungen. So ist der Kurs des britischen Pfund in den vergangenen Monaten gefallen. Jetzt warnt auch die britische Notenbank vor den Folgen des sogenannten Brexit.

Sollten die Briten beim Referendum am 23. Juni für ein EU-Aus stimmen, könnten die Kreditkosten steigen, der Kurs des Pfund weiter fallen und die Finanzierungskonditionen für Hauskäufer und -besitzer ungünstiger werden, warnte die Bank of England (BoE) am Dienstag. Der letzte Punkt wird zumindest auf dem Markt für Luxusimmobilien in London bereits vorweggenommen. Dort sind die Banken vorsichtiger geworden und verlangen bereits höhere Zinsen. Die Nachfrage in diesem sehr sensiblen Segment leidet auch unter der anhaltenden Schwäche der Öl- und Rohstoffpreise.

London: Immo-Preise fallen

Kurz gesagt: Weniger reiche Russen und Araber kommen nach London, um eine Villa oder ein Penthouse zu kaufen. Die Immobilienpreise in den besten Bezirken Londons sind vergangenes Jahr um 0,2 Prozent gefallen. Das klingt zwar nicht nach viel, aber im Jahr 2014 sind dieselben Preise noch um 24 Prozent gestiegen.

„Der Ausblick für die Finanzstabilität hat sich seit dem letzten Quartalsbericht vom November verschlechtert“, warnt die Bank of England weiter. Die Zentralbank hatte bereits zuvor mitgeteilt, Notfallpläne in der Schublade zu haben, sollte es zu finanzpolitischen Instabilitäten kommen. Einer klaren Empfehlung zum Referendum über den sogenannten Brexit hat sie sich aber bisher enthalten.

Der Pfund-Kurs ist in den vergangenen Monaten gefallen. „Schaut man voraus, so könnte eine verstärkte und länger andauernde Unsicherheit zum Anstieg der Risikoprämien führen, die Anleger für alle möglichen Engagements in Großbritannien fordern“, argumentierte der finanzpolitische Ausschuss der BoE. Das könnte die Kosten und die Verfügbarkeit von Finanzierungen für viele Kreditkunden beeinflussen.

Das ist freilich nicht die einzige Sorge für den britischen Wirtschaftsstandort. So wird befürchtet, dass viele internationale Konzerne ihre Europazentralen im Falle eines Ausstiegs Großbritanniens aus der EU von London beispielsweise nach Paris verlegen könnten. Die Banken in der Londoner City stecken ein bisschen in der Zwickmühle: Sollte das Land die EU verlassen, könnten sie noch weiter vom großen Markt der Eurozone abgetrennt werden.

Deal zwischen London und EU

Aber sollte Großbritannien in der Union verbleiben, drohen der traditionell sehr lax regulierten City neue, strengere EU-Regeln – und damit ebenfalls ein gewisser relativer Bedeutungsverlust als internationaler Finanzplatz. Die britische Regierung hat sich deshalb von der EU explizit zusichern lassen, dass es keine neuen Regulierungen geben werde. Aber ob dieser Deal von Premier David Cameron mit Brüssel im Falle eines Verbleibens der Insel von der EU auch eingehalten wird, steht auf einem anderen Blatt. (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.