Die Panama-Ermittlungen starten

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Nach der Enthüllung von 214.000 Briefkastenfirmen nehmen die Behörden weltweit die Arbeit auf. In Österreich gibt es eine Sonderprüfung von Raiffeisen und Hypo Vorarlberg durch die FMA.

Wien. Weltweit reagierten am Montag Politiker und Behörden auf die Veröffentlichung geheimer Daten einer Anwaltskanzlei aus Panama, die Dokumente über 214.000 Offshore-Gesellschaften in Steueroasen enthalten („Die Presse“ berichtete). Die sogenannten Panama-Papers wurden der „Süddeutschen Zeitung“ zugespielt und von einem internationalen Journalistennetzwerk, dem in Österreich der „Falter“ und der ORF angehören, am Sonntagabend publik gemacht.

Frankreichs Staatspräsident, François Hollande, kündigte sofort Prüfungen der Steuerbehörden an. Die deutsche Bundesregierung erklärte ebenfalls, „diesen Ball aufzunehmen“. Auch in Australien, Neuseeland oder Dänemark wurde die Aufnahme erster Ermittlungen verlautbart. Auf die Hilfe der Journalisten müssen die Behörden dabei jedoch verzichten. Die Daten würden nicht weitergegeben, weil man wolle, dass die staatlichen Stellen selbst ihre gesetzlich vorhandenen Ermittlungsbefugnisse ausnutzen, um an Daten zu gelangen, heißt es von dem Netzwerk.

Bisher ist von den insgesamt 11,5 Millionen Dokumenten nur ein kleiner Teil bekannt. Veröffentlicht wurde etwa, dass die Frau von EU-Energiekommissar Miguel Arias Cañete oder der Vater des britischen Premiers, David Cameron, in den Unterlagen vorkommt. Besonders auffällig ist auch ein Netzwerk von Briefkastenfirmen rund um Vertraute des russischen Präsidenten, Wladimir Putin. Dies veranlasste den Kreml am Montag auch dazu, von „Fälschungen des US-Geheimdienstes“ zu sprechen, die Russland destabilisieren sollen. Offshore-Firmen werden auch dem saudischen König, Salman bin Abdulaziz, oder dem ukrainischen Präsidenten, Petro Poroschenko, zugeordnet.

Kreditbesicherung in der Karibik

Der ukrainische Präsident spielt auch bei einem der zwei bislang bekannten Fälle mit Österreich-Bezug eine Rolle. So hat Poroschenkos Schokoladenfirma Roshen von der heimischen Raiffeisen Bank International (RBI) im Jahr 2010 einen Kredit in Höhe von 115 Millionen US-Dollar erhalten. Besichert wurde dieser Kredit durch einen Pfandvertrag mit dem auf den Virgin Islands beheimateten Unternehmen Linquist Services (siehe Grafik). Eine Konstruktion, die laut Experten gern verwendet wird, um in der Karibik gebunkertes Schwarzgeld weißzuwaschen.

Bei der RBI will man zu dem konkreten Einzelfall aufgrund des Bankgeheimnisses keine Stellungnahme abgeben. Die Bank versichert jedoch, sämtliche gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen der Kunden „einschließlich der Herkunft der Geld- oder Finanzmittel“ immer durchzuführen und bei Verdacht eine Meldung an das Bundeskriminalamt zu machen.

Die Finanzmarktaufsicht kündigte am Montag trotzdem an, die RBI einer „anlassbezogenen Vor-Ort-Prüfung“ unterziehen zu wollen. Dabei soll bei sämtlichen Geschäftsbeziehungen mit Poroschenko untersucht werden, ob die präventiven Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche ordnungsgemäß umgesetzt worden sind. Ergibt sich ein Verdacht, muss dieser von Polizei und Staatsanwaltschaft weitergeprüft werden. Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft beobachtet man die Entwicklungen vorerst noch. Es gebe noch keine Anzeige und auch noch keine konkreten Hinweise auf strafrechtliche Verstöße, um selbst aktiv zu werden. Nachsatz: Das könne sich in den kommenden Tagen aber noch ändern.

Die zweite Bank, die von der FMA demnächst einer vertieften Sonderprüfung unterzogen wird, ist die Hypo Vorarlberg. Bei der zu 76 Prozent im Besitz des Bundeslandes stehenden Bank haben rund 20 Offshore-Firmen Konten. Laut Bank wurde dabei immer kontrolliert, wer der wirtschaftlich Berechtigte und ob steuerlich alles rechtmäßig ist. Laut den Panama-Papers soll es sich dabei jedoch oft um mehrfach ineinanderverschachtelte Konstruktionen gehandelt haben, an deren Ende in zumindest einem Fall die Spur zum Putin-Vertrauten Gennadi Timtschenko führt. Dieser steht seit 2014 auf der US-Sanktionsliste gegen Russland.

Bank-Chef Michael Grahammer erklärte am Montag in Bregenz, dass das Offshore-Geschäft lediglich sechs Promille der Hypo-Kunden umfasse. Als Landesbank wolle man jedoch ausschließlich jene Geschäfte betreiben, „die wir in der Öffentlichkeit gut vertreten können“. Die Bank werde sich daher ganz aus dem Offshore-Bereich zurückziehen, so der Vorarlberger Landeshauptmann, Markus Wallner (ÖVP).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2016)

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