Air Berlin: Verkauf von Tochter Niki?

Die Air Berlin muss hart kämpfen, um die roten Zahlen zu verlassen.
Die Air Berlin muss hart kämpfen, um die roten Zahlen zu verlassen.(c) REUTERS (THOMAS PETER)
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Die schwer angeschlagene deutsche Airline braucht dringend frisches Geld, da im Vorjahr der Turnaround verfehlt wurde. In der Branche kursieren Pläne zur Neuaufstellung.

Berlin/Wien. Gehaltsverzicht der Manager, keine Überstundenabgeltung und keine Gehaltserhöhung für Piloten, weniger unrentable Strecken: Stefan Pichler dreht an allen Schrauben, um bei der schwer angeschlagenen Air Berlin das Ruder herumzureißen. Dabei kommt der Chef der Muttergesellschaft von Niki zusehends unter Druck. Denn im Vorjahr ist ihm nicht, wie angekündigt, eine Ergebnisverbesserung um 300 Mio. Euro gelungen. Die Stunde der Wahrheit schlägt bald – am 28. April präsentiert die börsenotierte Airline ihre Geschäftszahlen für 2015. Außer sie verschiebt das, wie schon geschehen. Eines steht fest: Auch das Vorjahr verlief tiefrot, nachdem 2014 mit 377 Mio. Euro ein Rekordverlust angefallen war.

Kein Eigenkapital

Was noch schwerer wiegt: Weil Air Berlin in den vergangenen acht Jahren (2015 inkludiert) nur einmal durch hohe Sondereffekte einen Gewinn geschrieben hat, ist das Eigenkapital schon lange aufgebraucht. Ende September 2015 betrug es minus 544 Mio. Euro. Allein dieses Faktum ist ein Insolvenztatbestand. Nur die positive Zukunftsprognose des Großaktionärs Etihad aus Abu Dhabi, der bisher rund eine Mrd. Euro in die Air Berlin gepumpt hat, hat die europäischen Luftfahrtbehörden ein Auge zudrücken lassen.

Das Geld der Scheichs, die knapp 30 Prozent halten, ist weitgehend verbrannt. Es bedarf daher dringend einer weiteren Finanzspritze, denn allein mit einer Kostenreduktion ist es nicht getan. Auch Dumping-Tickets, die derzeit verschleudert werden, spülen nur kurzfristig Geld in die Kassa. Etihad kann freilich kein weiteres Geld zuschießen – stiege der Anteil der nicht europäischen Fluglinie über 50 Prozent, würde Air Berlin die Start- und Landerechte verlieren.

Was also tun? Die Gerüchteküche brodelt, und in der Luftfahrtszene werden mehrere Szenarien kolportiert – keines will die Airlinespitze kommentieren. Faktum ist, dass die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft (hinter der AUA-Mutter Lufthansa) einige Filetstücke besitzt, die versilbert werden könnten. Das eine sind die touristischen Strecken, vor allem nach Spanien, die hoch profitabel sind. Das andere ist die Niki. Die von Niki Lauda 2003 aus der Insolvenz der deutschen Aero Lloyd gegründete Billigairline (aus der er 2011 wieder ausstieg) schreibt Gewinne und gilt als Perle im Konzern.

Gleichzeitig mit der Umstrukturierung könnte Air Berlin auch von der Börse genommen werden, was Finanztransaktionen erleichtern und Kosten senken würde.

Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die Alitalia. Die italienische Fluglinie, an der Etihad ebenfalls beteiligt ist, könnte enger mit Air Berlin bzw. Teilen und/oder Niki verzahnt werden. Das hätte den Vorteil, dass mit der Alitalia eine europäische Airline im Spiel wäre. Allerdings hat auch die Alitalia große finanzielle Probleme.

Abschied erleichtert?

Egal, wie die Lösung letztlich aussieht – für Niki dürfte sich vieles ändern. Noch heuer soll der eigene IATA-Code HG verschwinden, künftig werden alle Flüge unter dem Air-Berlin-Code AB geführt. Die ungewisse Zukunft dürfte Niki-Chef Thomas Suritsch, der mit gesundheitlichen Problemen kämpft, den Ausstieg erleichtert haben. Wie Air Berlin am Dienstag bekannt gab, verlässt er mit 15. April die Airline. Suritsch arbeitete schon bei der Lauda Air, dann bei der AUA und bei Air Berlin, bevor er erst im Vorjahr die Leitung von Niki übernahm. Sein Nachfolger ist Oliver Lackmann, der als Airbus-Kapitän und für den Flugbetrieb verantwortlicher Vorstand von Air Berlin das Unternehmen sehr gut kennt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2016)

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