Der dubiose russische Geldschwall

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"Die Presse" hat 2011 exklusiv berichtet, dass auffällig hohe Summen aus Russland nach Österreich fließen. Die Behörden hielten damals den Ball flacher als heute.

Moskau/Wien. Dubiose Geldflüsse durch Österreich haben bei den einheimischen Behörden offenbar nicht immer so viel Hellhörigkeit hervorgerufen wie derzeit anlässlich der Panama-Papers, die auch zutage gebracht haben, dass zumindest gegen den prominenten Putin-Intimus Gennadi Timtschenko ermittelt wurde. Dabei hat es schon früher einen Anlass gegeben, der kaum weniger spektakulär gewesen ist: konkret das erste Halbjahr 2011. Damals sind, wie „Die Presse“ unter Verweis auf das Russische Statistikamt Rosstat berichtet hat, binnen sechs Monaten sagenhafte 10,7 Mrd. Dollar (7,4 Mrd. Euro) aus Russland nach Österreich geflossen. Nur in die Schweiz floss mehr.

Es waren keine Direktinvestitionen. Noch mehr aber waren russische Experten darüber irritiert, dass in denselben sechs Monaten auch beispiellose 87,7 Mrd. Dollar aus dem Ausland (die Hälfte davon unter dem Titel „Finanztätigkeit“ aus der Schweiz) in Russland investiert wurden. Am auffälligsten aber war, dass die Hälfte davon (44,5 Mrd. Dollar) unter demselben Titel zurück ins Ausland geflossen ist, und zwar nicht so sehr von Banken, sondern als kurzfristige Kredite von Firmen, die Finanzdienstleistungen bieten. Ein Viertel davon eben nach Österreich.

Statistik schlug aus

Geldwäsche über den Umweg Russland, lautete eine der Theorien. Blitzartige Umschichtungen zwischen Offshore-Adressen, eine andere. Zum Teil wohl auch nur ganz normale Transaktionen über Korrespondenzbanken, eine dritte.

Wie auch immer: Die österreichische Nationalbank konnte die Daten damals nicht nachvollziehen und sah auf neuerliche Anfrage zwei Jahre später „keine Auffälligkeiten“.

Die Geldwäschemeldestelle beim Innenministerium hat gestern zugegeben, dass 2011 tatsächlich auffällige Ausschläge in der Statistik des Amtes stattgefunden haben und diese mit Geldflüssen aus Russland zusammenhängen. Konkret seien in den Jahren 2011 und 2012 jährlich Geldwäscheverdachtsmeldungen gegen etwa 250 Russen eingebracht worden, während es sonst jährlich um die 150 seien, so Rudolf Unterköfler, Leiter der Abteilung Wirtschaftskriminalität im Bundeskriminalamt zur „Presse“: Insgesamt sei die als verdächtig gemeldete Geldsumme 2011 auf zwei Mrd. Euro, also auf mehr als das Doppelte, geschnellt.

„Wir scheitern regelmäßig“

Bei der Staatsanwaltschaft landeten 2011 letztlich 1060 und 2012 1201 Fälle, in den Folgejahren waren es wieder etwas weniger. Angeklagt wurde in 52 (2011) bzw. 65Fällen (2012) – weniger als in den folgenden Jahren, so die Statistik der Staatsanwaltschaft. Eine Auflistung nach Nationalitäten gibt es nicht.

Seitens der Geldwäschemeldestelle habe jedenfalls 2011 die Korrespondenz mit den russischen Behörden zugenommen, sagt Unterköfler: „Aber da scheitern wir regelmäßig. Die Information aus GUS-Staaten ist ziemlich enden wollend.“ Generell freilich sei man bei angezeigten kleineren Geldbeträgen erfolgreicher als bei großen.

Wer hinter den großen Beträgen steht, ließ auch der Exchef der russischen Zentralbank, Sergej Ignatiev, offen. Immerhin hat er vor drei Jahren, kurz vor seiner Pensionierung, Tacheles geredet und erklärt, dass 2012 insgesamt 49 Mrd. Dollar, 2,44 Prozent des BIPs, über dunkle Kanäle aus dem Land geflossen seien.

Und weiters: Mehr als die Hälfte dieser „zweifelhaften Operationen“ sei von miteinander verbundenen Firmen durchgeführt worden – es entstehe der Eindruck, dass sie alle von einer einzigen Personengruppe kontrolliert seien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2016)

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