Schäuble: EZB-Nullzinspolitik zerstört Vertrauen in den Euro

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Der deutsche Finanzminister befürwortet eine Debatte über die Folgen der ultra-lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.

Die Kontroverse über die Folgen der ultra-lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) trifft beim deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble auf offene Ohren. "Das ist eine legitime Diskussion, die muss geführt werden", sagte sein Sprecher Martin Jäger am Montag in Berlin. Die Unabhängigkeit der Zentralbank dürfe aber nicht in Gefahr geraten. Schäuble hatte sich jüngst selbst in die Debatte eingeschaltet und Kritik an EZB-Chef Mario Draghi geäußert. Der deutsche Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon legte nach und warf der Notenbank vor, sie gefährde das Finanzsystem und zerstöre das Vertrauen in den Euro.

Leitzins auf 0,00 Prozent gesenkt

Die EZB hatte Anfang März den Leitzins auf 0,00 Prozent gesenkt und den Strafzins für Banken, die ihr Geld bei der Notenbank parken, verschärft. Damit will die EZB die nur schwach wachsenden Wirtschaft im Euroraum ankurbeln und die hartnäckig niedrige Inflation nach oben treiben. Sie trifft aber bei Sparern und in der Geldbranche auf immer mehr Widerstand.

Schäuble wolle bei der IWF-Frühjahrestagung Ende der Woche in Washington für ein Ende der EZB-Niedrigzinspolitik werben, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ). Der Minister warnt seit längerem vor schädlichen Nebenwirkungen wie stabilitätsgefährdende Preisblasen am Immomarkt. Dem Finanzministerium zufolge dürfte Schäuble bei dem IWF-Treffen Gelegenheit haben, mit EZB-Präsident Mario Draghi darüber zu sprechen.

Fahrenschon: "EZB zerstört Märkte und Wettbewerb"

Die EZB schaffe mit ihrer derzeitigen Politik neue gefährliche Probleme, warnte Sparkassenpräsident Fahrenschon. "Mit ihrer unbegrenzten Nachfragemacht zerstört die Europäische Zentralbank aktuell Märkte und den Wettbewerb durch die Geldschwemme, die sie selber auslöst", sagte er im Deutschlandfunk. Man müsse genau prüfen, ob die EZB durch ihre Maßnahmen noch im Rahmen ihres Mandats handle. Auch für Fahrenschon steht die Unabhängigkeit jedoch nicht infrage.

Auch von den Privatbanken gab es Kritik an Draghi. Seine Politik ist nach Worten von Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen mitverantwortlich für Preiserhöhungen deutscher Institute. Es reiche nicht aus, die Produktivität zu erhöhen und die Kosten zu senken, sagte der scheidende Präsident des Bankenverbandes BdB. Es sei nachvollziehbar, dass die EZB mit ihrer Geldpolitik das Wachstum in der Eurozone ankurbeln wolle, doch über die Effizienz könne man trefflich streiten. Sein Nachfolger beim BdB, Hans-Walter Peters, sagte die niedrigen Zinsen seien für deutsche Institute "nur schwer auszuhalten", da 70 Prozent der Erträge aus dem Zinsgeschäft kämen.

Massive Angriffe auf die EZB

Etliche Unionspolitiker hatten in den letzten Tagen die EZB massiv angegriffen und die Bundesregierung aufgefordert, auf eine Änderung der Geldpolitik hinzuwirken. Für große Aufregung sorgte unter anderem die Debatte um direkte Geldgeschenke an die Bürger der Eurozone - sogenanntes Helikopter-Geld. Draghi hatte dies als "sehr interessantes Konzept" bezeichnet. Zwar stellten inzwischen mehrere Top-Notenbanker klar, dass darüber noch nicht einmal diskutiert werde. Allerdings ist die Idee in der Welt. "Es wird schwer sein, die Idee wieder aus den Köpfen der Leute zu holen", sagte ein Insider aus der Eurozone.

(APA/Reuters)

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