Die spanische Regierung ist unter Druck, weil der Industrieminister in Offshore-Tätigkeiten verwickelt sein soll.
Madrid. Die Enthüllungen der Panama-Papers ziehen in Spanien immer größere Kreise. Nach dem Königshaus und Barças Stürmerstar Leo Messi kommen nun auch Spitzenpolitiker, Wirtschaftsbosse und Kunsterben mit klingenden Namen wie Thyssen-Bornemisza und Picasso in Erklärungsnot. Spaniens Finanzpolizei wie auch die Justizbehörden prüfen nun, ob Steuern hinterzogen und Straftaten begangen wurden. Es werde „auch für prominente Steuersünder kein Pardon“ geben, hieß es.
Die Panama-Dokumente über steuersparende Briefkastenfirmen in Finanzoasen werfen inzwischen sogar Schatten auf ein Schwergewicht der konservativen Regierung Spaniens: Der Name José Manuel Soria, Minister für Industrie, Energie und Tourismus, tauche im Zusammenhang mit einer Offshore-Firma auf, berichteten die Zeitungen „La Sexta“ und „El Confidencial“. Die beiden spanischen Medien waren Teil der internationalen Recherchegruppe, die die Unterlagen des panamaischen Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca aufgearbeitet hatten.
Opposition will U-Ausschuss
Der 58-jährige Soria wies die Vorwürfe umgehend zurück: „Ich dementiere entschieden, dass ich etwas mit einer Gesellschaft in Panama oder in einem anderen Steuerparadies zu tun habe.“
Den veröffentlichten Informationen zufolge soll Soria im Jahr 1992 Verwalter einer Offshore-Firma auf den Bahamas-Inseln gewesen sein. Nach wenigen Monaten sei er jedoch in dieser Tätigkeit von seinem Bruder ersetzt worden. Knapp drei Jahre später, kurz bevor Sorias Wahlkampagne für das Bürgermeisteramt von Las Palmas de Gran Canaria anlief, sei die Gesellschaft aufgelöst worden.
Spaniens sozialistische Opposition beantragte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss und forderte den Rücktritt Sorias, gegen den in der Vergangenheit auch Korruptionsvorwürfe laut geworden waren.
Vor Soria war bereits der frühere Umwelt- und Landwirtschaftsminister Miguel Arias Cañete ins Gerede gekommen. Der heutige EU-Klimakommissar musste sich unbequeme Fragen stellen lassen, weil der Name seiner Ehefrau, Micaela Domecq-Beaumont, die zu einer der mächtigsten Unternehmerfamilien gehört, in den Panama-Dokumenten auftaucht.
Derzeit werden täglich neue Namen in Spanien bekannt, die mit dem Steuerskandal in Verbindung gebracht werden. Dazu gehört zum Beispiel die prominente Politiker- und Unternehmerfamilie Pujol, gegen die schon länger wegen Korruption und Steuerbetrugs ermittelt wird. Auch die Familie des früheren Rechtsdiktators Franco oder der Bankier Miguel Blesa, einer der mutmaßlichen Verantwortlichen der Milliardenpleite der größten Sparkasse der Nation, gehören dazu. Ebenso die reiche Unternehmerfamilie Los Albertos.
Zudem wird die Kultur- und Sportwelt erschüttert: Der prominente Kunstsammler Borja Thyssen-Bornemisza, die Picasso-Erbin Marina Ruiz-Picasso, Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa oder der Filmregisseur und Oscar-Preisträger Pedro Almodóvar sollen in die Affäre verwickelt sein.
Gerade der Kunstmarkt hat die Möglichkeiten der Steuerparadiese genützt. So wurde die Picasso-Versteigerung 1997 in New York, bei der 206 Mio. Dollar erlöst wurden, über die Pazifikinsel Niue abgewickelt. Zudem sollen Kunstsammlungen unklarer Herkunft auf der Insel lagern.
In dem Zusammenhang beschlagnahmte die Schweizer Polizei gestern in Genf ein Modigliani-Bild, das einst von den Nazis geraubt worden war. Auf das Bild sei man durch die Panama-Papers gestoßen, erklärte die Polizei.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2016)