AT&S: „Wir tanzen, wo die Musik spielt“

AT&S EROeFFNETE IC-SUBSTRATE-PRODUKTION IN CHONGQING
AT&S EROeFFNETE IC-SUBSTRATE-PRODUKTION IN CHONGQINGAPA/AT&S
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Der Spezialist für Hightech-Leiterplatten folgt in seinen zwei neuen Werken in Chinas Supercity Chongqing den wichtigsten Kunden und findet dort ein offenes Investitionsklima.

Chongqing/Wien. So ein Geburtstagsgeschenk bekommt man nicht alle Tage. Auch nicht, wenn man Industrieller ist. Hannes Androsch sehr wohl: Am Montag feierte der Industrielle Geburtstag, am Dienstag eröffnete die AT&S, wo Androsch Großaktionär und Aufsichtsratspräsident ist, ihr neues Werk in Chinas Supercity Chongqing. Bürgermeister Huang Qifan stellte zwar die Geduld von Androsch, seinem Vize und Koaktionär Willibald Dörflinger sowie Konzernchef Andreas Gerstenmayer auf die Probe, weil er den Zeitplan der Eröffnungszeremonie wegen eines Termins etwas durcheinanderbrachte. Immerhin „regiert“ der Mann aber die mit 32 Millionen Einwohnern und der Fläche Österreichs größte Stadt der Welt. Huang streute dann aber den Österreichern Rosen: „Die Ansiedlung von AT&S stellt einen Markstein für uns bei der Entwicklung der Stadt zum Zentrum für Zukunftstechnologien dar“, sagte Huang und verwies darauf, dass die AT&S Teil jener zehn strategischen Wachstumsindustrien sei, die die Stadt besonders fördere.

Das Werk, genauer genommen sind es zwei, ist nicht nur für die Metropole in Zentralchina ein bedeutender Neuzugang. „Mit Chongqing wollen wir unsere Technologie- und Kostenführerschaft weiter ausbauen“, sagte Gerstenmayer vor österreichischen Journalisten. 480 Mio. Euro investiert der börsenotierte Spezialist für Hightech-Leiterplatten in Chongqing – mit diesem größten Einzelinvestment sollen der Umsatz von 750 Mio. auf eine Mrd. Euro und die Zahl der Mitarbeiter von 8600 auf 10.000 steigen.

In dem Werk mit derzeit 1700 Beschäftigten produziert die AT&S IC-Substrate. Sie stellen eine Art Verbindungsplattform zwischen Leiterplatte und Halbleiter (Chip) dar. Für Laien: Ein nur rund zwölf Mikrometer (ein Haar hat 100 Mikrometer) dünnes IC-Substrat von der Größe eines Lindt-Schoko-Plättchens übersetzt die Nanostrukturen des Chips auf die Leiterplatte. Im zweiten Werk, das im Herbst in Betrieb geht, werden substratähnliche Leiterplatten produziert. Auf diesen können mehrere Chips „übereinandergepackt“ werden.

Schon seit 15 Jahren produziert die AT&S in Shanghai High-End-Leiterplatten für mobile Endgeräte. In diese Produktion mit 4600 Mitarbeitern flossen rund 630 Mio. Euro.

Die Einsatzgebiete spiegeln die Gesellschaft wider: Mobile Geräte wie Smartphones, Tablets oder smarte Uhren, selbstfahrende Autos, Medizintechnik (Patientenüberwachung), vernetzte Alltagsprodukte (Internet der Dinge), Industrierobotik: Es gibt kein Gerät, in dem nicht Mikroprozessoren und somit Leiterplatten stecken.

Konkurrenzlos bei der Qualität

Mit der neuen Produktion im Herzen Chinas beschreitet die AT&S gleich in doppelter Hinsicht Neuland: IC-Substrate sind eine völlig neue Technologie, weltweit gibt es nur fünf Produzenten. Die Steirer sind jedoch die Einzigen in China und konkurrenzlos, was die Qualität betrifft. In Chongqing folgt die AT&S der von Peking ausgegebenen Go-West-Strategie, die eng mit der Seidenstraßen-Initiative (One Belt, One Road) verzahnt ist. Dabei geht es um die Industrialisierung der zentralen und westlichen Regionen.

Sorgen, dass sich angesichts der deutlich langsamer wachsenden Wirtschaft das hohe Investment als Bumerang erweisen könnte, hat weder Gerstenmayer noch Androsch. „Wir tanzen dort, wo die Musik spielt“, bringt es Androsch auf den Punkt. Die spiele inzwischen in China – hier seien die wichtigsten Kunden, mit denen gemeinsam neue Technologien entwickelt würden. Außerdem würden Projekte hier mit einer Geschwindigkeit durchgezogen, von der man in Europa nur träumen könne. „Wir verlagern keine Jobs von Österreich nach China, sondern sichern mit den Werken in China die Jobs in Österreich.“ Die deutlich niedrigeren Arbeits- und Energiekosten spielten natürlich auch eine Rolle, ergänzt Gerstenmayer.

Angesichts der rasanten Entwicklung in der Branche ist auch offen, was in den Produktionslinien drei und vier hergestellt wird. Fix ist, dass die Investition erst im Vollbetrieb rentabel ist. Bis dahin belasten Anlaufkosten den Ertrag, der im Geschäftsjahr 2015/16 aber deutlich zugelegt haben dürfte. (eid)

Compliance-Hinweis:
Die Autorin war auf Einladung von AT&S in China.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2016)

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