Dänisches Experiment mit den Negativzinsen

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Zinsen unter null führen paradoxerweise dazu, dass noch mehr gespart und weniger investiert wird.

Kopenhagen. Wenn die Zinsen hoch sind, nehmen die Menschen weniger Kredite in Anspruch und sparen mehr. Wenn sie niedrig sind, sinken die Sparanstrengungen, und die Kreditaufnahme steigt. So die Theorie. Aber was passiert, wenn die Zinsen negativ bleiben?

In Dänemark, wo die Zinsen länger als irgendwo sonst auf der Welt unter null sind, spart der private Sektor mehr als in der Zeit, als die Zinsen positiv waren (vor 2012). Investitionen sind gesunken, und die Wirtschaft befindet sich den Handelsbanken zufolge in einer „langsamen Wachstumskrise“. Die Erfahrungen, die die skandinavische Volkswirtschaft gemacht hat, können Anhaltspunkte liefern, was anderen Ländern bevorsteht, die sich auf die weniger bekannte Seite von null gewagt haben.

Dänemark hat 600 Mrd. Dollar an Pensions- und Anlageersparnissen. Vermögensverwalter sagen, dass die Logik, billiges Geld kurble Investitionen an, nicht mehr gilt, sobald die Zinsen unter null sinken. Denn Verbraucher und Unternehmen interpretieren eine derart extreme Politik als Krisenzeichen mit keinem vorhersehbaren Ergebnis. „Negativzinsen sind kontraproduktiv“, sagt Kasper Ullegaard, Leiter Festverzinsliche bei Sampension in Kopenhagen.

Diese Politik „führt dazu, dass die Leute mehr sparen, um ihre zukünftige Kaufkraft zu schützen, und sogar noch weniger risikoreiche Aktiva auswählen, weil es so wenig Transparenz bezüglich der künftigen Erträge und Risken gibt“.

Sparquote schnellt hinauf

Die Makrodaten stützen diese Theorie. Die dänische Regierung schätzt, dass sich die Investitionen im privaten Sektor in diesem Jahr auf 16,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts belaufen werden, verglichen mit 18,1 Prozent zwischen 1990 und 2012. Derweil werde die Sparquote im Privatsektor heuer 26 Prozent des BIPs erreichen, verglichen mit 21,3 Prozent in den knapp zwei Jahrzehnten, bevor die dänischen Zinsen in den Negativbereich rutschten.

Die Unternehmen nutzen die rekordniedrigen Zinsen nicht für eine Expansion. Ein Beispiel war jüngst Dong Energy, ein Versorger, der sich auf einen Börsengang vorbereitet. Er tilgte vorrangige Verbindlichkeiten im Volumen von 650 Mio. Euro, um die Kosten für das Halten von Bargeld zu reduzieren, sagte Allan Boedskov Andersen, Leiter Konzernfinanzen und Risikomanagement. Derweil reduzierte das Unternehmen Investitionen in seine Ölsparte. (Bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2016)

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