Fußballfieber heizt Wettgeschäft an

 Ein Tor bringt nicht nur Kicker näher an den Meistertitel – es lässt auch die Kassen der Wettanbieter klingeln (Symbolbild).
Ein Tor bringt nicht nur Kicker näher an den Meistertitel – es lässt auch die Kassen der Wettanbieter klingeln (Symbolbild).(c) REUTERS (STEFAN WERMUTH)
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Sportwetten haben das Kleine Glücksspiel an Automaten nach dem Verbot in vielen Bundesländern abgelöst. Am meisten profitieren Anbieter wie Admiral und Tipp 3.

Wien. Noch rund zehn Tage – dann beginnt mit der Fußballeuropameisterschaft in Frankreich das größte Kicker-Ereignis des Jahres. Nicht nur die Sammler von Panini-Pickerln sind schon in Stellung. In den vier Wochen der Euro schlägt auch die Stunde der Zocker – denn wenn hierzulande gewettet wird, dann vor allem auf Fußball. Während die Fans hoffen, ihren Einsatz vervielfachen zu können, ist für die Wettanbieter das Spiel eigentlich schon gelaufen. Denn bei ihnen klingeln in diesen Wochen die Kassen besonders kräftig. Wobei diesmal durch die Qualifikation Österreichs auch schon vor dem eigentlich Start der Euro das Geschäft blendend lief.

Der bemerkenswerteste Aspekt: Am meisten räumen die „landbasierten“ Anbieter ab – also jene Unternehmen, die Wettautomaten in Cafés oder Gasthäusern aufgestellt haben. Das ist allen voran die Novomatic-Tochter Admiral. Groß im terrestrischen Geschäft ist auch die zu den Casinos Austria gehörende Sportwettenfirma Tipp 3.

Andreas Kreutzer, Chef des Beratungsunternehmens Kreutzer Fischer & Partner, liefert die Erklärung: Schon bisher wurden ungeachtet des Booms im Online-Gaming drei Viertel der Wettumsätze in Lokalen – und nicht im Internet – getätigt. Nach dem Automatenverbot in Wien und in einigen anderen Bundesländern ist der Zustrom zu Wetten noch einmal sprunghaft angestiegen, sagt Kreutzer zur „Presse“. Ein klassisches Spiellokal hat meist Automaten und Wetten angeboten. „Die Menschen gehen weiter in diese Lokale. Jetzt spielen sie halt nicht mehr an Automaten, sondern geben das Geld für Wetten aus.“ Dazu käme ein nicht zu unterschätzender Unterhaltungseffekt: „Man verfolgt in diesen Lokalen wie beim Public Viewing gemeinsam Sportereignisse und wird zum Wetten animiert.“

Überdurchschnittliches Wachstum

Rund 15 Mrd. Euro haben die Österreicher im Vorjahr für echte Glücksspiele wie Roulette und Poker ausgegeben. Dagegen sehen die 1,275 Mrd. Euro für Wetten bescheiden aus. Allerdings hat der Sportwettenmarkt mit plus 14,4 Prozent überdurchschnittlich zugelegt, zeigt das neueste Branchenradar von Kreutzer Fischer & Partner. Noch deutlicher wuchsen die Bruttospielerträge (Einsätze abzüglich Gewinnausschüttungen vor Steuern) – 156 Mio. Euro bedeuten 19,5 Prozent Wachstum. Die unzähligen Online-Anbieter, darunter BwinParty, Tipico, Bet-at-Home, William Hill und Bet365, konnten sich laut Kreutzer nur ein deutlich kleineres Stück dieses Kuchens abschneiden.

„Wir gehen von einer 20-prozentigen Umsatzsteigerung gegenüber anderen guten Monaten wie Oktober/November und März/April aus“, sagt Admiral-Geschäftsführer Jürgen Irsigler im Gespräch mit der „Presse“. Das heißt, die Euro bringt Admiral zwischen 70 und 80 Mio. Euro zusätzlich. Wobei ein solches Großereignis normalerweise für zehn Prozent höhere Wetterlöse sorgt – die weiteren zehn Prozent gehen auf das Konto der Teilnahme Österreichs.
Sowohl Admiral als auch Tipp 3 haben entsprechend aufgerüstet. Die Zahl der Lokale wurde nicht erhöht – Admiral hat bundesweit 240 Sportcafés, davon 52 in Wien.

Aber die Standorte wurden technologisch aufgerüstet, etwa mit neuen TV-Schirmen. Auch die Produktpalette wurde erweitert. Während der Euro werden 80 Spezialwetten angeboten. Für Laien: Es wird nicht nur darauf gesetzt, welche Mannschaft gewinnt und mit welchem Torstand. Es gibt Wetten darauf, wer das erste oder zweite Tor schießt, wie der Halbzeitstand ist usw. Tipp 3 wiederum hat in den Annahmestellen die digitale Tipp-Box (mit Touchscreen) eingeführt.

Sportwetten sind in Österreich – im Unterschied zu anderen europäischen Ländern – liberalisiert, sie gelten nicht als Glücksspiel. Sie unterliegen der Kompetenz der Länder, weshalb es neun unterschiedliche Regelungen gibt – was Kreutzer kritisiert. Im Unterschied zum Kleinen Glücksspiel an Automaten ist der Einsatz nicht geregelt. Daher sei auch der durchschnittliche Einsatz schwer schätzbar, sagt Kreutzer. Irsigler weiß es für seine Kunden: In den Sportcafés beträgt der Einsatz 14 bis 15 Euro pro Wette, online wird mit durchschnittlich 22 Euro mehr riskiert – und auch mehr verloren. Pro Match können mehrere Wetten abgeschlossen werden.

Dass man auch schon vor der Euro ordentlich absahnen kann, zeigte ein Deutscher: Er setzte mickrige 2,47 Euro auf sechs Qualifikationsspiele. Bei allen lag er richtig und durch eine Kombiwette wurden die Einzelquoten addiert. Machte in Summe 28.333,59 Euro Gewinn. Aber wer dachte, dass Armenien Portugal besiegen könnte?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2016)

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