Deutschland: Verfassungsrichter bestätigen EZB-Krisenprogramm

Bundesverfassungsgericht verk�ndet Urteil zu EZB-Anleihenk�ufe
Bundesverfassungsgericht verk�ndet Urteil zu EZB-Anleihenk�ufe(c) APA/dpa/Uli Deck (Uli Deck)
  • Drucken

Die Europäische Zentralbank hat mit ihrem Notfallplan zur Euro-Rettung nicht gegen das deutsche Grundgesetz verstoßen, urteilten die Richter in Karlsruhe. Sie schlossen sich damit einer EuGH-Entscheidung an.

Karlsruhe. Die europäische Zentralbank (EZB) hat mit ihrer Politik zur Euro-Rettung ihre Kompetenzen nicht überschritten, entschied gestern das deutsche Bundesverfassungsgericht. Es ging um deren Beschluss aus dem Jahr 2012, Krisenländer notfalls mit dem unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen zu unterstützen (OMT-Programm, Outright Monetary Transactions).

Jahre später gaben die deutschen Verfassungsrichter dafür nun grünes Licht, wenn auch unter Auflagen. Sie schlossen sich damit im Wesentlichen einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Juni 2015 an (C-62/14). Auch in diesem Urteil war das Euro-Rettungsprogramm bestätigt, aber an Bedingungen geknüpft worden. Soweit diese erfüllt würden, sei das Programm mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar, urteilten nun auch die Richter in Karlsruhe. Trotz weiterhin bestehender Bedenken sehen sie sich an die EuGH-Rechtsprechung gebunden. Im Krisenfall kann die EZB demnach unter Beteiligung der Bundesbank Euroländern über den Kauf von Staatsanleihen unter die Arme greifen.

Programm nie umgesetzt

Ihre diesbezügliche Ankündigung am 6. September 2012 hatte die Euro-Schuldenkrise maßgeblich entschärft. Damals waren Italien und Spanien ins Visier von Investoren geraten. Die auf dem Kapitalmarkt geforderten Renditen auf ihre Staatsanleihen stiegen so kräftig, dass es den Ländern zunehmend schwerfiel, die Schulden zu bedienen. Allein die Absicht der EZB, Staatsanleihen aufzukaufen, beruhigte die Investoren. Umgesetzt wurde das Programm nie.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichts verstößt die EZB nicht gegen das Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenpresse, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Bei den Anleihenkäufen müsse jedoch das Volumen jeweils im Voraus begrenzt werden. Zudem müsse zwischen der Emission der Papiere und dem Ankauf durch die Währungshüter eine Mindestfrist liegen. Außerdem dürfen nur Schuldtitel von Euroländern erworben werden, die Zugang zum Anleihenmarkt haben.

„Nicht jede Aussage in einem so komplexen Urteil wird auf Zustimmung stoßen. Und auch der Gerichtshof der Europäischen Union und das Bundesverfassungsgericht sind sich nicht in allen Punkten einig“, erklärte Voßkuhle bei der Verlesung des 103 Seiten langen Urteils. Aber es sei nun klargestellt, dass die EZB der gerichtlichen Kontrolle unterliege wie jede europäische Institution. Die Europäische Rechtsgemeinschaft sei daher „aus diesem Verfahren gestärkt hervorgegangen.“ Die EU-Kommission begrüßte die Bestätigung der Entscheidung des EuGH.

„Politisch kann man das Urteil als ein EZB- und Europa-freundliches Signal werten, das hoffentlich vertrauensbildend wirkt“, kommentierte auch Holger Sandte, Europa-Chefvolkswirt der Nordea Bank. Kritisch äußerte sich Ifo-Präsident Clemens Fuest: Die Verfassungsrichter hätten es nicht gewagt, die EZB stärker in die Schranken zu weisen als der EuGH. „Das ist schade, denn es ist offensichtlich, dass das OMT-Programm in erster Linie das fiskalische Ziel verfolgt, hoch verschuldeten Staaten den Zugang zu Krediten zu erhalten.“ Dagegen geklagt hatten unter anderem die Linkspartei im Bundestag, der CSU-Politiker Peter Gauweiler und das Bündnis Mehr Demokratie mit der ehemaligen SPD-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin. (APA/Reuters/cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

FILES-EU-ECB-MONEY
International

Deutsches Verfassungsgericht billigt EZB-Krisenkurs

Das deutsche Höchstgericht in Karlsruhe wies die Beschwerden gegen die EZB-Rettungspolitik ab.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.