Crocs: Das Ende eines rasanten Aufstiegs

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Dem US-Konzern machen Absatzrückgänge in den USA und Europa zu schaffen. Gründe dafür sind die billigere Konkurrenz sowei der vernachlässigte Markenschutz.

Wien. Jack Nicholson, Al Pacino und George W. Bush könnten unterschiedlicher nicht sein – eine Sache haben sie jedoch gemeinsam: Die drei Herren mittleren Alters tragen, zumindest ab und zu, Crocs an ihren Füßen. Selten hat eine Schuhmarke in den vergangenen Jahren so sehr polarisiert wie diese. Selbst Ron Snyder, einst Konzernchef, musste gestehen: „Man kann die Schuhe hassen, oder man kann sie lieben.“

So schnell, wie sich das Schuhlabel in den vergangenen Jahren etablierte, so erbittert scheint das Unternehmen auch gegen Fälschungen ankämpfen zu müssen. Denn an beinahe jeder Straßenecke sind gut gemachte Plagiate erhältlich. Einzig das Material, die Form der Löcher und das Logo sind anders – sowie der teilweise um 80 Prozent niedrigere Preis.

Darin sieht auch Gerhard Hrebicek, Vorstand des European Brand Instituts in Wien, das größte Problem. Zwar sei die Erfindung des Schuhs eine „sensationelle Idee“ gewesen, für den Markenschutz werde aber zu wenig getan. Eine Marke zu sichern sei eben eine „Riesenaufgabe“. Gerade wenn er in China produziert, was Crocs tut, müsste sich ein Konzern besonders absichern.

Allein in Österreich verursachte Produktpiraterie (ohne gefälschte Zigaretten) im abgelaufenen Jahr einen Schaden von rund 83 Mio. Euro – Tendenz steigend. In Europa versucht Crocs der Lage unterdessen mittels Schadenersatzklagen und Beschlagnahmungen Herr zu werden.

Für Wassersportler gedacht

Crocs startete seinen Siegeszug im US-Bundesstaat Colorado. Das Unternehmen wurde von Lyndon Hanson, Scott Seamans und George Boedecker im Jahr 2002 gegründet. Eigentlich hatte man bloß daran gedacht, Schuhe für Wassersportler zu entwerfen. Der erste Entwurf wurde auch auf einer Bootsmesse präsentiert. Sukzessive eroberte die Marke dann die Schuhregale dieser Welt.

Der durchschlagende Erfolg, den manch einer auf das leichte Material Croslite zurückführt, kam plötzlich. Auch in Österreich. In Wien eröffnete das Unternehmen auf der Mariahilfer Straße seinen ersten europäischen Flagship-Store. Mittlerweile ist das Unternehmen mit fünf Boutiquen und 350 Vertriebspartnern in Österreich vertreten. Doch Crocs scheint auch hierzulande zu leiden.

Laut Ernst Widmann, Verkaufsleiter für Österreich, sind die Umsätze zwar leicht rückläufig. „Andere würden sich jedoch über solche Erlöse freuen“, so Widmann. Genauere Angaben, sagt er, könne er keine machen. In Spitzenzeiten musste Widmann jedenfalls sechs bis acht Wochen auf eine Lieferung warten. Nun sind es zwischen zehn und 14 Tagen.

Crocs verzeichnete jahrelang Wachstumsraten weit jenseits der Hundert-Prozent-Marke. Der Einbruch kam mit der Krise. Die Konsumlust der Kunden nahm ab, und die billigen Imitate waren vielleicht doch zu verführerisch. „Der Markt mit den klassischen Modellen ist wahrscheinlich am Limit“, sagt Widmann.

Zumindest die Zahlen würden dafür sprechen. Erzielte Crocs im Jahr 2007 weltweit noch einen Gewinn von 168 Mio. Dollar, fuhr das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Verlust von 185,1 Mio. Dollar ein. Fabriken in Kanada und Brasilien wurden geschlossen, 2000 Arbeitsplätze gestrichen. Nicht viel besser sind die Zahlen des ersten Halbjahres. Der Umsatz fiel auf 332,6 Mio. Dollar, nach 421,3 Mio. Dollar im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Der Verlust lag bei 52,7 Mio. Dollar, nach minus 2,4 Mio. Dollar im ersten Halbjahr 2008. Allein in den USA verringerte sich der Absatz um etwa ein Drittel. Die Nachfrage in Europa brach beinahe um die Hälfte ein. Einzig in Asien stiegen die Verkaufszahlen.

Wertvollster Schuhhersteller

Crocs versucht nun dem Abwärtstrend entgegenzuwirken. Laufend werden neue Modelle auf den Markt gebracht, inzwischen sind es 120 an der Zahl. Auch sollen die Preise angeglichen werden. In Österreich werde das klassische Modell künftig weniger als derzeit (39,95 Euro) kosten, sagt Widmann. Der Verkaufsleiter sieht hierzulande noch Potenzial: „Wenn das Geschäft nicht laufen würde, würde ich nicht expandieren.“

Als Crocs im Jahr 2006 den Gang an die Börse wagte, lag der Wert des Konzerns noch bei einer Milliarde Dollar. Kein Schuhhersteller der Welt war jemals so teuer gewesen. Zu Spitzenzeiten kostete die Aktie 75 Dollar, nun dümpelt das Papier bei knapp unter sieben Euro vor sich hin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2009)

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