Trotz der Brexit-Nachwehen tastet die Bank of England den Leitzins nicht an. Die Finanzmärkte erwarteten eine Senkung.
Trotz der Nachwehen des Brexit-Votums lässt sich die Notenbank in London mit einer Zinssenkung überraschend viel Zeit. Die Währungshüter haben am Donnerstag mit acht zu eins Stimmen entschieden, den Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent zu belassen.
Wie aus den Protokollen der Sitzung der Bank of England (BoE) hervorgeht, erwarten die meisten von ihnen allerdings für August einen Schritt nach unten. Dann liegen die neuen Konjunkturprognosen der Notenbank vor. Die Finanzmärkte hatten sich fest auf eine Senkung eingestellt, mit der eine drohende wirtschaftliche Talfahrt abgefedert werden könnte. Auch ihr Anleihen-Kaufprogramm beließen die Währungshüter bei 375 Mrd. Pfund (450 Mrd. Euro).
Nach dem britischen Referendum für einen EU-Austritt vom 23. Juni befürchten viele Ökonomen, dass das Land auf eine Rezession zusteuert. Mit niedrigeren Zinsen verbilligen sich tendenziell Kredite, womit die Wirtschaft in der Regel besser in Gang kommt.
Auftrieb für Pfund
Der Verzicht auf eine Zinssenkung verlieh dem Pfund Sterling Auftrieb. Es verteuerte sich binnen Minuten um rund einen US-Cent auf 1,3346 Dollar. Offenbar deckten sich nun diejenigen, die auf eine Zinssenkung und weiter fallende Kurse gewettet hatten, wieder mit der Währung ein, um ihre Verluste zu minimieren, sagte Analyst Fawad Razaqzada vom Handelshaus Forex.com. Die Händler an den Aktienmärkten wurden hingegen auf dem falschen Fuß erwischt: Der Londoner Auswahlindex FTSE und der Dax halbierten ihre anfänglichen Gewinne.
"Die britischen Notenbanker tun gut daran, den Leitzins unverändert zu lassen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexit-Entscheids sind noch unklar", sagte Ökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Nach dem überraschenden Votum herrscht auf der Insel Unsicherheit darüber, ob das Vereinigte Königreich mit dem wichtigen Finanzstandort London nach einem Austritt noch Zugang zum EU-Binnenmarkt haben wird. Die Details der künftigen Wirtschaftsbeziehungen dürften erst in langwierigen Verhandlungen geklärt werden.
(APA/Reuters)