Rettet Lufthansa die Air Berlin?

Die Lufthansa könnte bei Air Berlin Feuerwehr spielen.
Die Lufthansa könnte bei Air Berlin Feuerwehr spielen. (c) REUTERS (FABRIZIO BENSCH)
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Gerüchte um einen Teilverkauf der hochdefizitären Niki-Mutter beflügeln die Aktie. Die Lufthansa könnte so ihre Billigschiene Eurowings aufpeppen und einen Konkurrenten loswerden.

Wien/Berlin. Übernahmefantasien sind ein Energydrink für die Börse. Und schon gar, wenn das Unternehmen, das im Mittelpunkt der Spekulationen steht, dringend frisches Geld braucht. Dann greifen die geschundenen Anleger, deren Papiere in den letzten drei Jahren zwei Drittel an Wert verloren, gern nach jedem Strohhalm. So geschah es auch am gestrigen Mittwoch, als die Aktie der Air Berlin um bis zu 30 Prozent abhob.

Der Grund sind Spekulationen, dass die Lufthansa Teile der Air Berlin übernehmen könnte. Konkret soll es um alle Air-Berlin-Strecken, die nicht über die Drehkreuze Düsseldorf oder Berlin führen, gehen, berichtet das „Handelsblatt“. Die Lufthansa-Billigschiene Eurowings, die durch diese Akquisition massiv gestärkt würde, würde dabei die Slots (die Start- und Landerechte) an Flughäfen wie Hamburg oder Nürnberg übernehmen sowie rund 40 Flugzeuge samt Crew. Das wäre rund ein Drittel des Flugbetriebs der schwer angeschlagenen Air Berlin.

Ganz aus der Luft gegriffen scheint die Sache nicht: Die Lufthansa soll offenbar schon mit Etihad verhandeln. Die Airline aus Abu Dhabi ist mit knapp 30 Prozent größter Aktionär der Air Berlin und hält sie mit laufenden Finanzspritzen in der Luft. Generell heißt es, es würden mehrere Szenarien für Air Berlin durchgespielt. Für den Fall, dass der Deal klappt, würden die AUA, die zur Lufthansa gehört, und die Air-Berlin-Tochter Niki Schwestern. Was mit Letzterer passieren soll, ist offen. Schon vor Monaten wurde darüber spekuliert, dass Niki verkauft werden könnte (die „Presse“ vom 6. April).

Aus Kreisen von Etihad verlautete, dass die Araber guter Dinge seien, dass sie Teile ihres Sorgenkindes losschlagen könnten, berichtet die DPA. Bis Oktober soll es eine Einigung geben. Keine der drei Airlines wollte sich offiziell äußern. Bei der Lufthansa hieß es aber schon vor Monaten, dass man die Entwicklung bei Air Berlin beobachte und Szenarien parat habe.

Strenge Kartellprüfung

Weil Air Berlin vor Kurzem auch die restlichen Flugzeuge verkauft hat und die Flotte komplett geleast ist, könnte Eurowings die Leasingverträge und das Personal übernehmen, wird spekuliert. Oder aber man würde die Routen über das sogenannte „Wet Lease“ übernehmen – also die Flugzeuge inklusive der Crew. Eurowings könnte wachsen, ohne dass neue Flugzeuge beschafft werden müssten. Außerdem hätte die Lufthansa einen Konkurrenten los und ein Bein in der Tür, sollte Air Berlin komplett straucheln.

Eine große Hürde gilt es allerdings zu überwinden: die Wettbewerbsbehörden. Die beiden deutschen Fluglinien haben auf manchen Flughäfen, wie Stuttgart und Hamburg, zusammen einen sehr hohen Marktanteil. Ob das Bundeskartellamt da die Augen zudrückt, ist fraglich. Allerdings wünsche sich die Regierung für Air Berlin eine „deutsche Lösung“, heißt es.

In der Luft hängt freilich der große Rest der Air Berlin. Ob eine Fusion mit der Alitalia, an der Etihad 49 Prozent hält, Sinn macht, bezweifeln viele Experten. Denn die italienische Airline ist ebenfalls hochdefizitär.

Ob Air-Berlin-Chef Stefan Pichler heuer den mehrfach verschobenen Turnaround schafft bzw. sich wenigstens annähert, wird sich am 11. August zeigen. Da präsentiert er die Halbjahreszahlen. Im Vorjahr schrieb Air Berlin mit 446,6 Mio. Euro einen Rekordverlust – das siebente Minus in Folge. Das Eigenkapital sackte auf minus 799,4 Mio. Euro ab. Eine weitere Geldspritze von 325 Mio. Euro aus Abu Dhabi garantierte den Fortbestand.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)

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