Eine Restplatzbörse für die Schönheit

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Nicht nur Reisen kann man last minute günstig erstehen. Zwei Deutsche hatten da noch eine ganz andere Idee.

Restplätze bucht, wer Lust hat, ad hoc auf Urlaub zu fahren oder abends spontan ins Theater zu gehen. Dass auch einen günstigen Restplatz ergattern kann, wer den Drang verspürt, sich einer Oberlidstraffung oder einer Brustvergrößerung zu unterziehen, auf diese Idee kommt wohl niemand so schnell.

Die Gründer der Firma Medidate können sich zufrieden die Hände reiben. Sie hatten diesen Einfall und gründeten in Berlin ein Start-up. Heute – nur zwei Jahre später – zählt es 70 Mitarbeiter und bietet seine Leistung seit Kurzem auch in Großbritannien an.

Wie das Ganze funktioniert? Das Konzept ist simpel: Privatkliniken und -ärzte leiden darunter, zu bestimmten Zeiten nicht ausgelastet zu sein. Mindestens ebenso viele Menschen leiden unter ihrem Aussehen und wollen es verändern. Wieso also nicht beide zusammenbringen und damit Geld verdienen?, dachten sich die Deutschen Eiko Gerten und Nico Kutschenko.

Gesagt, getan. Wer sein Äußeres nicht mehr erträgt, braucht nur zum Hörer zu greifen und sein Leid einem Medidate-Kundenberater zu klagen. Diese hätten allesamt einen medizinischen Hintergrund, betont Geschäftsführer Fabian Löhmer. Trotzdem ist nicht immer gleich klar, welchen Eingriff der Anrufer plant. Dabei informieren sich 80 Prozent der Deutschen, die eine plastisch-chirurgische Operation planen, schon vorweg gründlich über das Internet. Löhmer: „Es handelt sich schließlich um Behandlungen, die der Patient meist aus eigener Tasche bezahlen muss.“ Deshalb will er nicht nur an einen guten, sondern auch an einen erschwinglichen Arzt geraten. Genau in dieser Orientierungsphase bietet das Start-up Hilfe – und verdient mit jeder Patientenvermittlung gutes Geld.

Sobald einmal feststeht, was der Anrufer machen lassen will, vereinbart der Kundenberater prompt einen Besprechungstermin mit einem der Partnerärzte in der Nähe des Patienten. Nur zur Klarstellung: Niemand kommt unter das Messer, bevor er nicht von einem Spezialisten beraten und über Risken aufgeklärt worden ist.

Die Visite beim Arzt kann sich also niemand ersparen, auch wenn er es noch so eilig hat. Dafür aber viel Geld, wenn er zeitlich flexibel ist. Wer bereit ist, sich montags in aller Früh oder spätabends unter das Messer zu legen, den kann die Nasenkorrektur bis zu 30 Prozent weniger kosten.

Dieses Konzept spricht offenbar viele an. 6000 Leute rufen im Schnitt pro Monat bei Medidate an. Allerdings: So billig, wie die Eingriffe teilweise im Ausland angeboten würden, sei man nicht und wolle man auch nicht sein. Das Unternehmen setze eben auf Qualität, so Löhmer. Übrigens: Privatärzte mit Stehzeiten und mit ihrem Aussehen Unzufriedene gibt es in Österreich ja auch. Wann wird es denn hier die Restplatzbörse der Schönheit geben? „Stimmt, Österreich ist interessant. Darum schauen wir uns den Markt gerade genau an“, sagt der Chef.

E-Mails an:judith.hecht@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2016)

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