Linde will wieder an die Weltspitze

Der Münchener Industriegasproduzent will wieder die Nummer eins werden.
Der Münchener Industriegasproduzent will wieder die Nummer eins werden.(c) AFP
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Der deutsche Industriegas-Gigant lotet eine Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair aus. Der 60-Milliarden-Dollar-Deal gefällt den Aktionären: Die Linde-Aktie schoss nach oben.

New York/München. Es ist ein ewiges Kopf-an-Kopf-Rennen: Als die französische Air Liquide im November des Vorjahres das US-Unternehmen Airgas kaufte, verlor der deutsche Industriegas-Gigant Linde seinen Platz als Branchenprimus. Jetzt schlagen die Münchener zurück und wollen wieder die Spitze erobern: Insidern zufolge loten sie einen Zusammenschluss mit dem Branchendritten, dem US-Konkurrenten Praxair, aus.

Die Gespräche sind zwar noch in einem frühen Stadium und könnten noch scheitern, sagten mit der Situation vertraute Personen am Dienstag. Das „Wall Street Journal“ hatte schon zuvor über Fusionsgespräche zwischen Linde und Praxair berichtet.

800 Millionen Euro Synergien

Gerüchten zufolge strebt Linde einen Zusammenschluss auf Augenhöhe an, obwohl die Deutschen mit 18 Mrd. Euro Umsatz doppelt so groß wie Praxair sind. Die Amerikaner, die 10,2 Mrd. Dollar Umsatz machten, sind aber deutlich profitabler. Sie haben 26.000 Mitarbeiter, Linde indes 64.500. An der Börse werden beide Unternehmen mit je 30 Mrd. Dollar bewertet. Der Zusammenschluss könnte daher über einen Aktientausch erfolgen.

Nach Meinung von Experten hat eine Fusion der beiden Rivalen Sinn. Ein Zusammenschluss würde zu großen Synergien in weiten Teilen des Geschäfts führen, erklärte DZ-Bank-Analyst Peter Spengler. Lediglich in den USA sei die Überlappung nicht so groß. Dort sei Linde im Medizingasegeschäft stark und Praxair im Geschäft mit Industriegasen direkt beim Kunden. Aktienexperte Marcus Mayer vom Wertpapierhandelshaus Baader rechnet mit Synergien von bis zu 800 Mio. Euro.

„Ein Zusammenschluss oder Kauf könnte die Überkapazitäten reduzieren und wäre gut für die Margen des kombinierten Unternehmens“, erklärte Mayer. Nach Ansicht der Credit-Suisse-Experten ist ein Aktientausch deutlich wahrscheinlicher als eine Fusion der beiden Konzerne. Die Analysten der Bank erklärten, Linde sei derzeit vergleichsweise günstig bewertet.

Den Linde-Aktionären gefällt die Idee der Megafusion offenbar auch sehr: Die Linde-Papiere verteuerten sich am gestrigen Dienstag um bis zu zehn Prozent auf 153,50 Euro und notierten damit so hoch wie zuletzt Ende November des Vorjahres. Sie waren damit die größten Gewinner im deutschen Leitindex DAX. Praxair-Aktien hatten sich im außerbörslichen Handel an der New Yorker Wall Street ebenfalls deutlich verteuert.

Die Gasebranche, die schon jetzt stark konsolidiert ist, würde sich mit der Fusion weiter konzentrieren. Mit Linde/Praxair, Air Liquide und der ebenfalls in den USA ansässigen Air Products blieben nur noch drei große Industriegaseanbieter übrig.

Kartellbehörden sind Hürde

Der Knackpunkt bei der Fusion ist daher die Kartellfrage. „Um die Transaktion über die Ziellinie zu bringen, müssten aus unserer Sicht Sparten verkauft werden“, schrieben die Analysten der Credit Suisse. „Das Management muss eine Herkulesaufgabe vollbringen, den Deal so zu strukturieren, dass alle Parteien damit einverstanden sind.“ Vor allem in Lateinamerika könne es Bedenken vonseiten der Kartellbehörden geben.

Schon beim Kauf des britischen Rivalen BOC im Jahr 2006 erhielten die Deutschen strenge Auflagen und musste in mehreren Ländern Geschäft an die Konkurrenz abgeben. Regional ist Linde vor allem in Europa und Asien stark, Praxair in Nord- und Südamerika. Linde leidet allerdings unter der Schwäche der Öl- und Gasbranche und hat sich deshalb vor allem in der Sparte medizinische Gase verstärkt. (eid/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2016)

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