Neue Ölfunde auf 70-Jahres-Tief

Erdoelraffinierie in Auckland
Erdoelraffinierie in Auckland(c) bilderbox.com (bilderbox.com)
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Der Ölpreis ist niedrig, die Investitionen wurden gekappt. Dies blieb nicht ohne Folgen: Im vergangenen Jahr wurde so wenige neue Ölreserven erschlossen wie seit 1947 nicht mehr.

Wien. Ende September wollen sich die wichtigsten Ölproduzenten der Welt in Algier treffen. Wieder einmal werden Produktionsobergrenzen auf dem Rohölmarkt Thema sein. Doch die Erwartungen an die Mitglieder der Organisation der erdölexportierenden Länder (Opec) sind eher gering. Zwar hoffen manche auf eine Einigung, viele Experten zeigen sich aber skeptisch. Schon in der Vergangenheit ging man bei Treffen ergebnislos auseinander. Und auch diesmal ließ Saudiarabien bereits durchblicken, keine Notwendigkeit für eine Intervention auf dem Ölmarkt zu sehen. Bisher hielt sich das Engagement der Saudis in Grenzen. Der Staat will nicht nur seinen Marktanteil halten, sondern strebt auch nach der geopolitischen Vormachtstellung auf diesem Gebiet.

Doch vielleicht braucht es auch gar keine Einmischung, um die Preise langfristig steigen zu lassen. Denn eine Erhebung der Beratungsfirma Wood Mackenzie zeigt, dass im vergangenen Jahr mit 2,7 Milliarden Barrel Öl nur ein Zehntel dessen gefunden wurde, was jährlich im Schnitt seit den Sechzigerjahren entdeckt worden ist. Der Wert war im Vorjahr überhaupt so niedrig wie seit 1947 nicht mehr. Und auch heuer scheint es fraglich, ob die Menge aus dem Vorjahr übertroffen werden kann. Bis Ende Juli wurden durch Bohrungen lediglich 736 Millionen Barrel Öl neu erschlossen.

Jüngster Anstieg spekulativ

Der Grund dafür ist der Entwicklung des Ölpreises geschuldet. Dieser setzte vor etwas mehr als zwei Jahren zu einer Talfahrt an. Kostete ein Fass der US-Sorte Brent damals noch 120 Dollar, ist der Kurs bei mittlerweile knapp 50 Dollar angelangt.

Einen Tiefpunkt gab es im Jänner dieses Jahres, als 159 Liter Öl nur noch knapp 30 Dollar kosteten. Seither kam es zu einer Erholung. Allein in der ersten Augusthälfte betrug der Ölpreisanstieg rund 20 Prozent. Nach Ansicht der Commerzbank-Analysten waren zuletzt aber vor allem spekulative Elemente am Werk. Fundamentale Gründe dürfte es für den Ausschlag nach oben keine gegeben haben.

Der niedrige Ölpreis hat nicht nur positive Auswirkungen (etwa an der Zapfsäule oder durch günstigere Rohstoffkosten für die Industrie). Unternehmen sahen sich zu Kostensenkungsprogrammen gezwungen, dies ging auch mit einer dramatischen Investitionszurückhaltung einher. Bohrfirmen schraubten ihre Budgets zurück, weil sich Neuentdeckungen nur bei bestimmten Preisen rechnen. So wurden die globalen Ausgaben für das Auffinden von Öl – von seismischen Studien bis hin zu tatsächlichen Bohrungen – in diesem Jahr auf 40 Mrd. Dollar gesenkt. Noch 2014 waren die Unternehmen bereit, weit mehr als das Doppelte zu investieren, wie Andrew Latham von Wood Mackenzie sagt.

Auch in naher Zukunft wird sich an der geringen Bereitschaft, Geld für das Erschließen neuer Ölquellen zu investieren, kaum etwas ändern. Latham erwartet, dass sich das relativ niedrige Ausgabenniveau noch bis zum Jahr 2018 fortschreiben wird.

Das Ergebnis ist bereits jetzt sichtbar: Die Zahl der aktiven US-Bohrtürme ist von 1167 (2014) auf 680 im Vorjahr gesunken. Bis August dieses Jahres kam es nochmals zu einer scharfen Bereinigung. Zuletzt wurden nur noch 209 Bohrtürme registriert. Seit Anfang der Sechzigerjahre zählte Wood Mackenzie im Schnitt jedoch 1500 aktive Bohrtürme pro Jahr.

Für die Branche kann das zu einem Problem werden. Die US-Energiebehörde schätzt nämlich, dass die globale Ölnachfrage von heuer knapp 95 Mio. Barrel pro Tag auf über 105 Mio. im Jahr 2026 steigen wird. Auch die Opec geht langfristig von einem Anstieg des Ölpreises aus. (nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2016)

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