IWF-Tagung: Worüber die Finanzelite in Washington (nicht) stritt

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Deutschland und der IWF können ihre Differenzen bei den Griechenland-Hilfen und in der Causa Deutsche Bank schwer verbergen.

Wien. „Es wird viel zu viel geredet“, befand Deutschlands Finanzminister, Wolfgang Schäuble, auf der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu den Spekulationen um die strauchelnde Deutsche Bank. Seine Mission bei den gestern, Sonntag, zu Ende gegangenen Gesprächen war insofern klar vorgezeichnet: möglichst wenig Staub beim Treffen der Finanzeliten aufzuwirbeln. Ein Großteil der Aufregung rund um die von der US-Justiz wegen problematischer Hypothekengeschäfte angedrohte Strafzahlung von 14 Mrd. Dollar sei seiner Meinung nach auf Gerede zurückzuführen. Die Politik habe sich da herauszuhalten. Und so habe er selbst bei seinem Treffen mit US-Finanzminister Jack Lew „mit Sicherheit nicht“ über die Deutsche Bank gesprochen.

Einmischung unerwünscht

Sichtlich verärgert war Schäuble, als ihm ausgerechnet IWF-Chefin Christine Lagarde an diesem Wochenende publikumswirksam seine Pläne durchkreuzte: Kurz vor einer Podiumsdiskussion, an der beide Seite an Seite teilnahmen, hatte sie das gebeutelte Bankhaus aufgefordert, sein Geschäftsmodell zu ändern. Lagarde und Schäuble, die gern ihre persönliche Freundschaft unterstreichen, haben sich darauf vor laufenden Kameras ein charmantes, aber latent gereiztes Wortduell geliefert. Es sei nicht Aufgabe einer in Washington ansässigen internationalen Finanzinstitutionen, „die Banken zu beaufsichtigen“, so Schäuble. Eines eigenen Kommentars enthalte er sich, das „überlasse ich den Mitarbeitern des IWF“, ergänzte er süffisant.

US-Finanzminister Lew attackierte seinerseits zwar nicht direkt die Deutsche Bank, forderte aber ganz Europa auf, seine Bankenlandschaft in Ordnung zu bringen, um künftigen Stabilitätsrisken vorzubeugen. Generell sei der Kontinent nach der Finanzkrise viel laxer mit seinen Bankenregulierungen und Kapitalanforderungen verfahren als Amerika: „Wir haben deutlich gemacht, dass Europa nicht so viel getan hat wie die USA.“

Nicht nur die Deutsche Bank dürfte die Freundschaft der Finanzspitzen in Washington auf die Probe gestellt haben. Schäuble soll sich am Rand des Gipfels auch mit Kollegen der Eurozone und IWF-Vertretern über Griechenland ausgetauscht haben – konkret über das anstehende dritte Hilfspaket für das Land. Und auch hier ist man ganz und gar nicht einer Meinung. Das Zauberwort, an dem es sich spießt, heißt Tragfähigkeit – sprich die Einschätzung, ob sich Griechenland auf Dauer selbst auf dem freien Markt finanzieren kann. Lagarde machte in Washington klar: Von Tragfähigkeit könne bei Schulden von 176 Prozent der Wirtschaftsleistung – in Zahlen 310Mrd. Euro – keine Rede sein. Ohne nachhaltige Tragfähigkeit gebe es aber keinen Beitritt des Fonds zum Hilfsprogramm. Das verbieten dessen strenge Statuten.

Lagarde fordert einen Schuldenschnitt. Den Schäuble wie gewohnt ablehnt. „Das Problem von Griechenland sind nicht die Schulden“, ließ er wissen. Die von den Euroländern bereits zugestandenen Zinssenkungen und Laufzeitverlängerungen machten sie zu Griechenlands geringstem Problem. Außerdem habe es mit dem Rettungsschirm ESM einen jahrzehntelangen Geldgeber an seiner Seite. Das unterscheide den Fall Griechenlands von sonstigen IWF-Rettungsaktionen außerhalb Europas – das starre Tragfähigkeitsprinzip des Fonds nehme darauf aber keine Rücksicht.

Schäubles Problem

Schäuble erinnerte in Washington auch an die klare Zusage des IWF aus dem Mai, sich an dem dritten Hilfspaket zu beteiligen. Sollte Lagarde ihr Versprechen brechen, hat der CDU-Minister auch ein innenpolitisches Problem. Abgeordnete seiner Unionspartei erinnerten ihn kürzlich, dass der Bundestag die IWF–Beteiligung am Rettungspaket in Höhe von bis zu 86 Mrd. Euro zur Bedingung für die eigene Zustimmung machte. Unter geänderten Vorzeichen, so die Warnung, müsse neu abgestimmt werden.

Insider sprachen gegenüber Reuters davon, dass der Fonds dem Hilfsprogramm zwar nicht beitreten werde, aber einen Sonderstatus mit erweiterten Beraterrechten akzeptiere. Das wird dem deutschen Finanzminister zu wenig sein. Mehr freuen dürfte ihn eine Meldung aus anderen informierten Quellen, wonach der IWF mit einem kleineren Kreditanteil und einem zugedrückten Auge angesichts des besonderen Falls Griechenlands doch noch zum Beitritt zu motivieren sein wird. (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2016)

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