Russisches Unternehmen klagt Voest-Tochter

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ARCHIVBILD/THEMENBILD: WAHLEN IN OBER�STERREICH / L�NDERPORTR�T: VOEST ALPINE(c) BARBARA GINDL / APA / picturedesk
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Die angebliche Verwendung von geheimen Konstruktionszeichnungen führte zu einem Prozess.

Wien. Power Machines, einer der größten Hersteller im Bereich Kraftwerkstechnik in Russland, hat die Böhler International, eine hundertprozentige Tochter des börsenotierten Technologiekonzerns Voest Alpine, auf 2,7 Mio. Euro geklagt. Gestern fand deshalb vor dem Handelsgericht Wien eine Verhandlung statt, nachdem sich die beiden Seiten trotz mehrerer Versuche außergerichtlich bisher nicht hatten einigen können.

Das russische Unternehmen behauptet, Böhler International habe bei einem Ausschreibungsverfahren für Turbinenschaufeln für ein ukrainisches Atomkraftwerk Konstruktionszeichnungen von Power Machines verwendet. Unzulässigerweise, versteht sich. Damit habe sich Böhler International bei besagtem Ausschreibungsverfahren einen „unmittelbaren und unrechtmäßigen Wettbewerbsvorteil“ verschafft, heißt es in der Klage. Und weiter: Hätte die beklagte Partei nicht die technischen Zeichnungen von Power Machines verwendet, dann hätte sicherlich sie selbst und eben nicht Böhler International den Auftrag erhalten.

Interessant ist, wie Böhler überhaupt zu diesen vertraulichen Plänen gekommen sein soll: Laut Power Machines habe es seit dem Jahr 2010 Verhandlungen mit der Böhler Schmiedetechnik – einer anderen Voest-Tochter – gegeben. Das russische Unternehmen habe nämlich die Absicht gehabt, die Böhler Schmiedetechnik mit der Produktion von Turbinenblättern zu beauftragen. Im Zuge dieser Gespräche habe die Power Machines der Böhler Schmiedetechnik – und nur dieser – die geheimen Pläne zur Verfügung gestellt und sie gleichzeitig eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterschreiben lassen. Die Verhandlungen führten allerdings zu keinem Ergebnis. Im Gegenteil, sie wurden 2012 erfolglos abgebrochen. Und die Österreicher hätten die Unterlagen – statt sich an Vereinbartes zu halten – für das Kraftwerksprojekt in der Ukraine verwertet, so der Verwurf der Russen.

„Kein Schaden entstanden“

Aufseiten von Böhler International weist man alle Vorwürfe dezidiert zurück. In ihrer Klagebeantwortung haben die Anwälte auch eine mögliche Erklärung für das Vorgehen von Power Machines: „Die klagende Partei versucht mit ihrer Klage nichts anderes, als die beklagte Partei vom ukrainischen Markt fernzuhalten, den sie als russisches Unternehmen nach eigener Aussage als ,ihr Gebiet‘ beansprucht.“

Überdies sei unverständlich, weshalb die Power Machines überhaupt die Böhler International geklagt habe, zumal sie gar nicht Vertragspartei der Vertraulichkeitsvereinbarung gewesen sei. Und noch ein Punkt führe die Klage ad absurdum: Es gäbe überhaupt keinen Grund, Schadenersatz einzufordern. Denn Schaden sei der Power Machines gar keiner entstanden, und zwar aus einem einfachen Grund: „weil sie (Anm.: die Power Machines) in Anbetracht des gegenwärtigen russisch-ukrainischen Konflikts als russischer Lieferant für ein ukrainisches Staatsunternehmen als Vertragspartner schlicht nicht infrage gekommen wäre und den in der Klage beschriebenen Auftrag daher ohnedies niemals bekommen hätte“, so die Böhler International.

Die gestrige Verhandlung am Handelsgericht Wien dauerte nicht lang. Primär ging es darum, welches Recht überhaupt anzuwenden sei. Russisches, ukrainisches oder doch österreichisches? Russisches, entschied der Richter und schloss sich damit der Meinung von Böhler International an. Am 16. Jänner geht der Rechtsstreit in die nächste Runde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2016)

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