Über 100 Firmen wollen Staatshaftung

Drehrohrofen
Drehrohrofen (c) RHI Feuerfestkonzern
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Heute nimmt der Beirat, der über die Übernahme von Staatsgarantien bei Krediten entscheidet, seine Arbeit auf. Bisher gibt es Anfragen für Haftungen im Wert von mehr als fünf Milliarden Euro.

Wien (rie).Wenn es stimmt, dass gut Ding Weile braucht, dann müssten die Staatsgarantien für Unternehmen ziemlich gut werden. Anfang April hatte Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) die Haftungen angekündigt, vor dem Sommer hätten sie realisiert sein sollen, aber erst heute, Montag, nimmt der Beirat seine Arbeit auf und berät über die ersten drei Anträge von Unternehmen.

Um welche Firmen es sich handelt, will man bei der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) nicht sagen. Die normalerweise für Exportversicherungen zuständige Bank wurde von der Republik mit der Abwicklung der Vergaben beauftragt. Das Interesse sei „sehr groß“, erklärt der zuständige Mitarbeiter Wolfgang Pitsch.

Zehn Milliarden Euro zu haben

Weit mehr als 100 Firmen hätten bisher bereits angefragt, darunter etwa der Feuerfestkonzern RHI. Man werde eine Staatsgarantie in Höhe von 300 Mio. Euro beantragen, hatte Unternehmenschef Thomas Fahnemann kürzlich bekannt gegeben. Das Kredithaftungsvolumen aus den bisherigen Anfragen beläuft sich bereits auf etwa fünf Mrd. Euro. Dennoch glaubt Pitsch nicht, dass es zu einem Engpass kommen könnte. „Ich glaube, die Summe dürfte ausreichen.“ Insgesamt hat die Republik zehn Mrd. Euro für die Staatsgarantien bereitgestellt.

Die Frage, unter welchen Bedingungen Haftungen übernommen werden, ist einer der Gründe für die Verzögerung bei der Umsetzung. Denn SPÖ und ÖVP haben intern lange über Beschränkungen von Bonuszahlungen für die Manager der betroffenen Firmen diskutiert. Die SPÖ wollte ursprünglich sogar ein völliges Boniverbot. Geeinigt hat man sich am Ende darauf, dass Boni nur dann ausbezahlt werden dürfen, wenn die Firma positiv wirtschaftet, die Kreditraten bedient und die Liquidität durch die Auszahlung nicht gefährdet ist. Zudem müssen die Boni „angemessen“ sein, wobei dieses Adjektiv nicht beziffert ist.

Die Bonibeschränkungen seien bei den Anfragen von Unternehmen „ein Thema, zu dem immer wieder nachgefragt wird“, erzählt Pitsch. Ob sie für ein Unternehmen ein Problem sind, werden die kommenden Wochen zeigen.

Die drei Anträge, mit denen sich der sechsköpfige Beirat heute beschäftigt (nur vier Mitglieder sind stimmberechtigt), sollen in einer Woche erledigt sein. Die Bank prüfte bereits, ob die Kriterien erfüllt sind. Hat der Beirat über die Kredithaftung entschieden, geht der Antrag zur Unterschrift an den Finanzminister. In der Praxis sollen nicht mehr als „zwei, drei Wochen“ vom Antrag bis zur Haftungsübernahme bzw. Ablehnung vergehen.

Der Beirat setzt sich aus je zwei von der SPÖ und der ÖVP nominierten Mitgliedern zusammen. Es sind Mitarbeiter des Bundeskanzleramts, des Wirtschaftsministeriums, des Finanzressorts und der Arbeiterkammer. Zwei weitere nicht stimmberechtigte Vertreter kommen von der Kontroll- und der Nationalbank.

Das „Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz“ gilt nur für Großunternehmen mit Sitz in Österreich. Als eine wesentliche Voraussetzung gilt, dass der Antragsteller vor dem 1. Juli 2008 eine „gesunde wirtschaftliche Basis“ aufwies und „aufgrund von Vorschauen zu erwarten ist, dass dieses Unternehmen die garantierten Verbindlichkeiten (...) erfüllen kann“.

Kreditklemme lösen

Der Bund übernimmt Garantien für 30 bis 70 Prozent der Kreditsumme für maximal fünf Jahre. Die höchstmögliche Summe, für die der Bund geradesteht, liegt bei 300 Mio. Euro. Das Unternehmen hat dem Bund ein Haftungsentgelt zu entrichten.

Die zehn Mrd. Euro kommen aus dem 100-Milliarden-Paket für die Banken. Grund für die Übernahme von Garantien ist, dass Unternehmen wegen der Krise Probleme haben, auf dem freien Markt Geld zu bekommen.

AUF EINEN BLICK.

Zehn Milliarden Euro stellt der Staat für die Übernahme von Kredithaftungen zur Verfügung. Die Republik garantiert zwischen 30 und 70 Prozent der Kreditsumme, maximal aber 300 Mio. Euro. Die Garantien gibt es nur für Großunternehmen (betrifft etwa 500 Firmen). Für die Betriebe gelten strikte Auflagen, unter anderem in Bezug auf die Auszahlung von Boni. Das hat im Vorfeld für einen Koalitionszwist gesorgt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2009)

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