Volvo rollt in Richtung China

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Volvo(c) AP (MICHAEL PROBST)
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Der angeschlagene US-Autobauer Ford will sich von seiner defizitären schwedischen Tochter trennen. Nun steht der Deal mit dem chinesischen Interessenten "Geely" kurz vor dem Abschluss.

Wien (hie/ag.). Über seine Beweggründe ließ der chinesische Autobauer Geely seine westlichen Konkurrenten nie im Dunkeln: Die Märkte Europa und USA seien angeschlagen und böten daher Chancen für Zukäufe, war aus dem Munde des Geely-Geschäftsführers Lawrence Ang kürzlich zu hören. Nun steht Ang offenbar kurz vor seinem Ziel, die schwedische Automarke „Volvo“ unter seine Fittiche zu bringen.

Zwar sei der Übernahmevertrag noch nicht unterschrieben – die US-amerikanische Volvo-Mutter Ford und Geely hätten sich aber über die Schlüsselfragen geeinigt, schrieb gestern, Dienstag, die „Financial Times“ unter Berufung auf Insider. Über den Schutz der Rechte am geistigen Eigentum und die Zukunft der schwedischen Volvo-Standorte müsse man allerdings noch übereinkommen. Die Rede ist von einem Kaufpreis in der Höhe von knapp unter zwei Mrd. Dollar (1,4 Mrd. Euro).

Bekommt der chinesische Autobauer den Zuschlag, wäre das für Geely ein großer Schritt nach vorne. Der Glanz, der dem 1927 gegründeten Autohaus Volvo anhaftet, dürfte für die Chinesen dabei eine untergeordnete Rolle spielen. Der Konkurrenz aus dem fernen Osten geht es vordergründig um das technologische Know-how, das ein Einkauf in den westlichen Markt mit sich bringt. Die chinesischen Hersteller liegen technologisch fünf bis zehn Jahre hinter den europäischen. Die Geely Group will ihre Einkaufstour auf den angeschlagenen Automärkten Europas und der USA nach der geplanten Volvo-Übernahme fortsetzen. Einem Landskollegen ist kürzlich ein solcher Coup gelungen: Der chinesische Autoproduzent BAIC erwarb Rechte für die Produktion des schwedischen Autohauses Saab.

Ferner Osten auf Einkaufstour

Den Chinesen dürfte auch in die Hände spielen, dass sich die politischen Verantwortlichen in Schweden mit Geldspritzen aus dem Steuertopf eher zurückhalten. So hatte die Regierung in Schweden Volvo und Saab zwar Überbrückungskredite zur Verfügung gestellt, ein direktes Engagement aber stets abgelehnt.

Die über 80 Jahre alte schwedische Automarke Volvo – der Name kommt aus dem Lateinischen und bedeutet zu Deutsch „ich rolle“ – ist in mehr als 100 Ländern vertreten und setzte im Vorjahr rund 375.000 Fahrzeuge ab. Der größte Markt für Volvo ist nach wie vor Nordamerika, gefolgt von Schweden, Großbritannien und Deutschland. Volvo beschäftigte Ende 2008 rund 20.000 Mitarbeiter, dazu kommen etwa 23.000 Beschäftigte im Händler- und Servicenetz.

Geely ist im Rennen um schwedische Traditionsmarken schon länger vorne mit dabei. Als einer der „großen drei“ geriet die Volvo-Mutter Ford im Vorjahr gewaltig ins Schleudern. Der zweitgrößte US-Autokonzern kam zwar ohne Staatshilfen aus, beendete das Krisenjahr 2008 aber mit einem Verlust von 14,6 Mrd Dollar. In den ersten neun Monaten 2009 schaffte es Ford wieder in die Gewinnzone. Um die Kosten zu senken, will Ford in den USA zahlreiche Stellen streichen, wie der Konzern gestern bekannt gab.

Die Absätze der Marke Volvo, die sich Ford 1999 ins Boot geholt hatte, brachen dramatisch ein. Es wurden Gerüchte über einen möglichen Verkauf laut. Seit etwa einem Jahr wird offiziell nach einem Käufer gesucht.

Im September bekundete die chinesische Zhejiang Geely Holding Group, die eigentlich Autos im unteren Preissegment herstellt, ihr Interesse. Und stieß damit auf Gegenliebe: Ford erklärte das Konsortium um den chinesischen Geely-Konzern zum bevorzugten Bieter. Die Marken Aston Martin, Jaguar und Land Rover waren zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr Teil des Hauses Ford.

Geely hat angekündigt, 2015 rund 1,3 Millionen Autos bauen und zwei Drittel seines Umsatzes im Ausland erzielen zu wollen. Für heuer peilt Geely einen Absatz von 300.000 Autos an. Dem Ziel, die Millionenmarke zu brechen, würde er mit dem Volvo-Kauf ein großes Stück näherkommen.

AUF EINEN BLICK

Der angeschlagene US-Autokonzern Ford teilte vor etwa einem Jahr mit, über einen Verkauf der schwedischen Tochterfirma Volvo nachzudenken. Medienberichten zufolge könnte Volvo demnächst an die chinesische Geely-Gruppe verkauft werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2009)

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