Ökonom: Guantanamo soll Wirtschaftsmetropole werden

Guantanamo als Wirtschaftsmetropole?
Guantanamo als Wirtschaftsmetropole?(c) EPA (John Riley)
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Ein US-Ökonom will in der Dritten Welt neue Städte gründen. Westliche Demokratien sollen die Verwaltung übernehmen. Als Vorbild dient dem Ökonomen Hongkong. Kritiker sprechen von "Neo-Kolonialismus".

Der US-Amerikaner Paul Romer ist einer der anerkanntesten Ökonomen der Welt. Er gilt als Vordenker seiner Branche. Das "Time"-Magazin wählte ihn vor zwölf Jahren zu einem der 25 einflussreichsten Menschen der USA. Nun hat er einen Plan, für den er sogar seine Professur an der Stanford University in Kalifornien aufgegeben hat. Er will sich seinem Projekt "Charter Cities" widmen. Dieses birgt einigen Sprengstoff: Denn Romer will in der Dritten Welt neue Städte gründen. Die Verwaltung sollen ausländische Demokratien übernehmen.

Vorwurf des Neo-Kolonialismus

Romer will damit die Armut in Entwicklungsländern bekämpfen und der Überbevölkerung Herr werden. Sein Plan ist radikal und heftig umstritten. In den Entwicklungsländern sollen Wirtschaftsmetropolen aus dem Boden gestampft werden, um Zufluchtsorte für Millionen Menschen zu schaffen, die in Armut leben. Dafür sollen die armen Entwicklungsländer unbesiedelte Flächen zur Verfügung stellen, die reichen westlichen Länder sollen die Gesetze liefern.

Der Vorwurf des Neo-Kolonialismus wird laut. "Das sieht nach einer Art Entwicklungsdiktatur aus, nach sozial-technokratischem Planungswahn", kritisiert der deutsche Migrationsexperte Steffen Angenendt "Spiegel Online" zufolge. Das weist Romer im Interview mit der Wirtschafts-Zeitschrift "brandeins" zurück: "Einer Charter City fehlt der Zwangscharakter einer imperialistischen Macht, die ihr Gegenüber zur Akzeptanz neuer Regeln nötigt. Ein solcher Vertrag wäre komplett freiwillig. Zudem schreiben Charter Cities keiner Seite etwas vor, sondern lassen den Leuten die Wahl, in eine neue Stadt zu ziehen und neue Regeln auszuprobieren."

Guantanamo als Wirtschaftsmetropole?

Als Teststadt kann sich Romer Guantanamo auf Kuba vorstellen, das bislang wegen des US-Gefangenenlagers berüchtigt ist. "Dort lässt sich ideal die Vertragsstruktur durchspielen. Guantanamo ist bereits eine Sonderzone, die zu Kuba gehört, aber der Verwaltungshoheit der USA untersteht", so Romer zu "brandeins".

Besonders geeignet sei auch Kenia: "Dort ist es wegen der instabilen politischen Verhältnisse praktisch unmöglich, ein ausländisches Unternehmen anzuwerben, das eine langfristige Investition tätigt. Um zu moderner Infrastruktur zu kommen, müssen die Bürger Kenias heute auswandern. Die neue Option ist die: Nimm ein unbewohntes Stück Land in Kenia und richte eine Sonderzone ein, bei der ausländische Regierungen als Garantiemacht dienen".

Vorbild Hongkong

Vorbild für Romers "Charter Cities" ist Hongkong. Die Stadt stand bis 1997 unter britischer Verwaltung. China nutzte die Stadt schließlich als Testfall für die Marktwirtschaft. So wurde in der Nähe von Hongkong die Sonderwirtschaftszone Shenzhen aufgebaut.

"Hongkong war vermutlich das erfolgreichste Entwicklungsprogramm in der Geschichte der Menschheit", sagt Romer laut "Tagesanzeiger".

Revolutionär oder verrückt?

Seine Kritiker lassen kaum ein gutes Haar an Romer: "Der Unterschied zwischen revolutionär und verrückt ist nicht groß", zitiert "Financial Times Deutschland" William Easterly, einen renommierten Ökonomen der New York University. "Romer balanciert mit seiner Idee genau auf dieser Grenzlinie".

Romer selbst sieht sich laut "FTD" als Visionär: "Stellen Sie sich einen Gelehrten im 16. Jahrhundert vor, der einen Wechsel zu Demokratie fordert. Jeder hätte gesagt: Unmöglich".

(phu)

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