Falkland: Suche nach Öl sorgt für Spannungen

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Ölturm(c) EPA (STATOILHYDRO / OYVIND HAGEN - HA)
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Britische Firmen wollen vor den Falklandinseln nach Öl bohren. Argentinien reagiert wütend.

Wien. 28Jahre nach dem Falkland-Krieg sorgt die zu Großbritannien gehörende Inselkette vor der argentinischen Küste erneut für Spannungen zwischen den beiden Ländern. So wurde am Dienstag der britische Botschafter ins argentinische Außenministerium bestellt, um eine Protestnote entgegenzunehmen. Argentinien ist wütend darüber, dass britische Ölfirmen in den kommenden Wochen rund um die Falklandinseln nach Erdöl bohren wollen. Bohrungen auf „argentinischem Territorium unter ungesetzlicher britischer Besatzung“ seien eine Verletzung der „nationalen Souveränität“, hieß es in dem Schreiben. „Wir werden alle notwendigen Schritte unternehmen, um unsere Rechte zu verteidigen“, sagte der argentinische Außenminister Jorge Taiana zur „Latin American Herald Tribune“.

72Tage, 900tote Soldaten

Selten waren die Worte zwischen London und Buenos Aires seit dem Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen im Juni 1982 so scharf. Der Krieg gilt als der skurrilste Konflikt des 20.Jahrhunderts. Am 2.April 1982 ließ der damalige argentinische Diktator Leopoldo Galtieri die 600 Kilometer vor der Küste des südamerikanischen Landes liegenden Falklandinseln besetzen. Es war die Eskalation eines jahrzehntelangen Streits um die Herrschaft über die kargen und unbedeutenden Felsen, die damals von rund 1800Menschen besiedelt waren und seit 1833 zu Großbritannien gehörten. Die Antwort der britischen „Eisernen Lady“, der damaligen Premierministerin Margaret Thatcher, ließ nicht lange auf sich warten. Sie entsandte den größten Flottenverband seit dem Zweiten Weltkrieg. 72Tage und 900 getötete Soldaten später war der Krieg wieder vorbei. Die Falklandinseln gehören weiterhin zu Großbritannien. Argentinien sieht die „Malvinas“, wie die Inseln dort genannt werden, jedoch immer noch als besetztes eigenes Territorium.

Die Weltöffentlichkeit staunte damals über den Kampf zweier westlicher Nationen über ein paar verlorene Felsen im Meer. Außer einigen tausend Schafen konnten die Falklands keinerlei wirtschaftlichen oder strategischen Nutzen vorweisen. Dies hat sich inzwischen geändert. Wissenschaftler vermuten seit den 90er-Jahren unter dem Meeresboden rund um den Archipel nämlich Erdöl. Auf 60Mrd. Fass Öl schätzen Experten des renommierten Wissenschaftsinstituts British Geological Survey in Edinburgh die dort schlummernden Reserven. Dies wäre fast die Hälfte jener Menge, die unter dem sandigen Boden des Iraks liegt und mehr als in Nigeria und Libyen zusammen.

1998 gab es daher bereits erstmals den Versuch, den schwarzen Schatz zu heben. Mehrere Ölkonzerne – unter anderem Shell – führten damals Probebohrungen durch. Allerdings wurde das Vorhaben nicht mehr weiterverfolgt. Das Öl liegt in Gegenden, in denen die Meerestiefe mehr als 3000Meter beträgt – damals eine zu große technische Herausforderung. Außerdem wurden die Förderkosten auf 40Dollar je Fass geschätzt, bei dem damaligen Ölpreis von knapp zehn Dollar war also kein Geschäft in Sicht.

Inzwischen hat sich die Situation jedoch geändert. Der Ölpreis liegt stabil über 70Dollar. Förderkosten bis zu 50Dollar je Fass – wie beispielsweise bei kanadischen Ölsanden – sind keine Seltenheit mehr. Zudem hat sich auch die Technik des Tiefseebohrens stark verbessert. Vor der Küste Brasiliens werden seit einigen Jahren Ölfelder in der Tiefe von 3500Metern erfolgreich erschlossen.

„Wollen Ölindustrie aufbauen“

Die Ölbohrungen der britischen Firmen Desire Petroleum und Falkland Oil & Gas dürften in den kommenden Wochen daher wie geplant starten. „Es ist britische Politik, den Aufbau einer Ölindustrie auf den Falkland-Inseln zu unterstützen“, meinte ein Sprecher der britischen Botschaft in Argentinien. Inwieweit die Reaktion Argentiniens über Protestnoten hinausgeht, wird sich zeigen.

Auf einen Blick

Mehrere britische Ölfirmen wollen in den kommenden Wochen rund um die Falklandinseln nach Öl bohren. Britische Experten schätzen, dass unter dem Meeresboden 60Mrd. Fass Öl liegen könnten – mehr als in Nigeria und Libyen zusammen.

Argentinien reagiert erbost auf die Pläne und übergab dem britischen Botschafter in Buenos Aires eine Protestnote. Für die Südamerikaner sind die Inseln immer noch besetztes argentinisches Territorium. 1982 fochten die beiden Ländern über diese Frage den „skurrilsten Krieg“ des 20.Jahrhunderts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2010)

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