China: Angst vor dem Platzen der Immobilienblase

Investitionen China oder Angst
Investitionen China oder Angst(c) Reuters
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Auf den ersten Blick scheint es, als habe die schwere Finanzkrise, die Amerika und Europa seit über zwei Jahren beutelt, China weitgehend verschont.

Peking.Was haben die Eisenbahn in Argentinien, der Hafen von Piräus und die Kupferminen von Lubumbashi im Kongo gemein? Die Antwort kommt aus Fernost: Chinesen investieren hier viel Geld. Auf den ersten Blick scheint es, als habe die schwere Finanzkrise, die Amerika und Europa seit über zwei Jahren beutelt, China weitgehend verschont. Die chinesische Wirtschaft wuchs in den ersten sechs Monaten um 11,1 Prozent, nach offiziellen Schätzungen soll sich das Wachstum bis Ende 2010 auf 9,5 Prozent einpendeln.

Um ihren gewaltigen Devisenschatz von mehr als 2000 Mrd. Dollar sinnvoll anzulegen, suchen private und staatliche chinesische Unternehmen überall in der Welt Investitionschancen. Während einige chinesische Ökonomen davor warnen, dass zu schnell und zu viel im Ausland investiert wird, sind andere überzeugt, dass man jetzt die Gelegenheit ergreifen müsse. „Fusionen und Übernahmen sind der einzige Weg, um das Risiko zu vermeiden, dass unsere Devisenreserven entwertet werden“, erklärt Wirtschaftswissenschaftler He Xuelin.

Peking steckt zehn Mrd. Dollar in den Ausbau der argentinischen Schienenstrecken. Im Juni fixierte der chinesische Konzern Cosco Pacific einen 3,3 Mrd. Euro schweren Deal mit Griechenland: 35 Jahre lang soll der Containerhafen von Piräus verwaltet und ausgebaut werden. China verschafft sich so einen verlässlichen Umschlagplatz für seine Handelsflotte in Südeuropa. Im Kongo bauen chinesische Firmen für sechs Mrd. Dollar Straßen, Krankenhäuser und Schulen und erhalten dafür Schürfrechte für Kupfer und Kobalt.

In China selbst wurde das Wachstum durch ein gewaltiges Konjunkturpaket von rund 460Mrd. Euro angeheizt. In den vergangenen zwei Jahren wies die Regierung die staatlichen Banken an, Kredite großzügig zu vergeben. Davon profitierten weniger die privaten als staatliche Konzerne.

Um ihre Bauprojekte finanzieren zu können, verkaufen Provinzverwaltungen Land. Die Hafenstadt Tianjin etwa machte 2009 fast die Hälfte ihrer Einkünfte mit Landverkäufen. Überall im Land entstehen Industrieparks, Flughäfen, Kraftwerke, Straßen. Experten warnen allerdings seit Längerem davor, dass sich viele Vorhaben nicht rechnen werden. Deshalb versucht die Regierung, die Investitionswut wieder zu dämpfen. 2010 sollen die Banken maximal 860 Mrd. Euro Kredite vergeben, 22 Prozent weniger als 2009.

Sollte die Immobilienblase platzen, kommen auf Peking enorme Probleme zu. Fachleute schätzen, dass 400 Mrd. Dollar an faulen Krediten in den nächsten zwei Jahren schlagend werden könnten. Die Regierung müsste einspringen– mit Geld, das dringend für die fast leeren Pensionsfonds und die Reparatur der gewaltigen Umweltschäden gebraucht wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2010)

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