Russland: Panikkäufe bei Lebensmitteln

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Die Preise von Buchweizen und anderen Grundnahrungsmitteln steigen rasant. In St. Petersburg beobachteten Mitarbeiter, Kunden an einem Regal mit Buchweizen und Getreide, vier von fünf packten mehrere Säcke ein.

Wien. In der Küche europäischer Länder fristet Buchweizen ein Schattendasein, in Russland und seinen Nachbarstaaten ist es neben Gerichten aus Getreide ein zentraler Bestandteil der nationalen Küche. Umso empfindlicher reagiert die Öffentlichkeit in diesen Tagen auf die massive Verteuerung bei Buchweizen – das allerdings keineswegs das einzige rasant teurer werdende Nahrungsmittel ist. Auch die Kosten für Käse, Zucker, Fleisch oder Bier gehen deutlich nach oben.

Diese Woche gab Michail Susow vom Einzelhandelskonzern X5 Retail Group an, dass die Nachfrage nach Milch das Angebot in manchen Regionen um 20 bis 30 Prozent übersteige. In der nächsten Zeit werde es „ganz eindeutig einen Mangel von Milch auf dem Markt geben“, zitiert die Zeitung „Gaseta“ den Manager. Doch die Verknappung von Buchweizen übersteigt diese Verteuerungen bei Weitem. So notiert die Nachrichtenagentur Interfax einen Anstieg des Kilopreises im Moskauer Einzelhandel von 20 auf 76 Rubel (1,96 Euro) innerhalb von vier Wochen. Die Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ machte gestern den Praxistest: Praktisch in keinem einzigen besuchten Moskauer Supermarkt war Buchweizen aufzutreiben. In St. Petersburg beobachteten Mitarbeiter der Zeitung Kunden an einem Regal mit Buchweizen und Getreide – vier von fünf packten mehrere Säcke ein.

„Der Verkaufshit der Saison“

„Buchweizen – der Hit der Saison“, schreibt „Gaseta“ sarkastisch. In anderen Medien ist offen von Panikkäufen die Rede. Beobachter sehen den aktuellen Preisanstieg erst als den Anfang einer umfassenden Verteuerung der Lebensmittel. So heißt es bei X5 Retail: „Lieferanten warnen uns, dass dieser Mangel in nächster Zeit kaum verschwinden wird und bis Neujahr anhalten könnte.“ Unterdessen sind offizielle Stellen um Beruhigung bemüht. Die Knappheit bei Buchweizen gehe auf die Missernte des vergangenen Jahres zurück, den die heurige Hitzewelle nur verschärft habe, so Viktor Olchowog vom Moskauer Department für Lebensmittelressourcen zu „Ria Novosti“. Sobald die neue Ernte eintreffe, würden sich die Panikkäufe legen.

Darauf wollen sich Großhändler offenbar lieber nicht verlassen. Während Russland einen Exportstopp für Weizen verhängt hat, nahmen am Dienstag einige Großhändler Verhandlungen über Buchweizenimporte mit China auf. Inzwischen hat sich der Kreml in die Diskussion eingeschaltet. „Was mit den Preisen für Grundnahrungsmitteln geschieht, betrifft alle“, sagte Staatschef Dmitri Medwedew am Dienstag. „Ich weise alle zuständigen staatlichen Behörden an, die Preise zu beobachten.“ Ministerpräsident Wladimir Putin besuchte derweil selbst einen Supermarkt – und forderte verschärfte Gesetze für den Lebensmittelhandel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2010)

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