Finanzen: Anglo Irish vor dem Aus

(c) AP (Peter Morrison)
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Die irische Regierung dürfte angesichts horrender Kosten der Staatsbank aufgeben: Dem Institut droht die Liquidation. Knapp vor dem zweiten Jahrestag der Lehman-Pleite herrscht Hochspannung auf den Märkten.

Dublin. Nach der Injektion von mehr als 22 Mrd. Euro steht die irische Regierung kurz davor, ihren Kampf um die Rettung der Anglo Irish Bank verloren zu geben. Wie irische Medien gestern, Donnerstag, berichteten, verständigte sich die Führung in Dublin darauf, eine Liquidation des angeschlagenen Geldinstituts als „bevorzugte Option“ zu verfolgen. In einer Stellungnahme hieß es, man arbeite mit der EU-Kommission an einer „Lösung, die dem Steuerzahler die geringsten Kosten aufbürdet und einen Abschluss bringt“.

Anglo Irish, die drittgrößte Bank des Landes, war in den 1990er-Jahren rasant gewachsen. Zu leichtfertiger Kreditvergabe an Firmen und exklusive Privatkunden kamen dubiose Machenschaften unter der Führung des damaligen Chefs Sean FitzPatrick, der derzeit einen Prozess erwartet. Als der Staat im Jänner 2009 die Bank durch Verstaatlichung vor dem Zusammenbruch rettete, hatte Anglo Irish ausständige Kredite von 75Mrd. Euro, von denen ganze 16Prozent regulär bedient wurden.

Dennoch hoffte man damals, die Bank mit der Zufuhr von vier Mrd. Euro über den Berg zu bringen. Mittlerweile ist der Betrag auf 22,8 Mrd. Euro gewachsen. Anglo Irish meldete für 2009 mit zwölf Mrd. Euro den größten Verlust der irischen Wirtschaftsgeschichte. Diese Woche schickte sich die Bank an, selbst diesen Rekord zu übertreffen: Für die ersten sechs Monate 2010 wurden 8,2Mrd. Euro Verlust ausgewiesen; für die kommenden sechs Monate erwarte man weitere sechs Mrd. Abgang, erklärte Bankchef Mike Aynsley.

Hohe Aufschläge bei Anleihen

Insgesamt, so Aynsley, „rechnen wir damit, dass 25 Mrd. Euro Staatsgeld genug sein werden.“ Marktbeobachter wie die Ratingagentur S&P hingegen meinen, dass eine Rettung von Anglo Irish 35 Mrd. Euro kosten könnte. Das entspricht 2 2Prozent des BIPs – ein Betrag, den keine Regierung der Welt für die Rettung einer Bank aufbringen kann. Dublin sucht verzweifelt einen Ausweg, das letzte Wort wird in Brüssel gesprochen.

Finanzminister Brian Lenihan trifft zu Wochenbeginn mit der EU-Kommission zusammen. Er wird dort auch über eine Verlängerung der Garantie für Bankeinlagen und Bonds beraten. Die vor zwei Jahren von Irland ausgesprochene Versicherung läuft Ende September aus, die Banken fordern eine Verlängerung.

Knapp vor dem zweiten Jahrestag der Lehman-Pleite herrscht Hochspannung auf den Märkten: Die irischen Banken müssen im September 25 Mrd. Euro refinanzieren, davon entfallen auf Anglo Irish 7,2 Mrd. Euro. Die zweitgrößte Bank des Landes, Allied Irish, braucht 7,4 Mrd. Euro neues Kapital. Trotz des geplanten Verkaufs von Auslandsbeteiligungen wird der Staat auch hier einspringen müssen. Für die Versicherung irischer Bonds sind heute die höchsten Aufschläge seit Höhepunkt der Griechenland-Panik zu zahlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2010)

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