China: „Go West“, in Europas Osten

China bdquoGo Westldquo Europas
China bdquoGo Westldquo Europas(c) AP (Eugene Hoshiko)
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Vor allem Bulgarien und Rumänien werden immer mehr zum Brückenkopf. Chinesische Firmen suchen nach Produktionsstandorten in Europa und schaffen sich dadurch Zugänge zu EU-Märkten.

Tianjin. Die Chinesen kommen: Die großen Unternehmen im Reich der Mitte suchen nach Produktionsstandorten und Partnern in Europa. Fündig werden sie vor allem in Bulgarien und Rumänien. Dort sind die Löhne nicht höher als in den gut entwickelten chinesischen Küstenregionen. So verschafft sich China quasi durch die Hintertür Zutritt zu den EU-Märkten. Der chinesische Autohersteller Great Wall Motor baut gemeinsam mit dem bulgarischen Produzenten Litex Motors eine Fabrik, die rund 50.000 billige SUVs jährlich fertigen kann. Investitionssumme: 80 Mio. Dollar. Beim Nachbarn Rumänien hat sich der Landmaschinenhersteller Shantuo eingekauft, hier wurden rund 20 Mio. Dollar investiert.

Der bulgarische Finanzminister und Vize-Premier, Simeon Djankow, erklärt im Gespräch mit der „Presse“: „Zwei Drittel aller Investitionen, zwei Drittel des Handels Osteuropas sind von Westeuropa abhängig. Wir wollen eine stärkere Diversifikation.“ Der Ökonom Djankow, der seit 2009 im Amt ist, berichtet, dass das Interesse Chinas an Bulgarien in den letzten Monaten deutlich gewachsen sei.

Niedrige Steuern als Anreiz

„Es gab einen Aufruf der chinesischen Regierung an die großen Unternehmen, Global Players zu werden.“ Djankow preist das Investitionsklima seines Landes: „Wir haben sehr hart daran gearbeitet, unser Steuerniveau auf den niedrigsten Stand in Europa abzusenken. Das gefällt den chinesischen Investoren natürlich.“

China zeigt aber auch an Infrastruktur- und Energieprojekten Interesse. Die China Development Bank hat großzügige Unterstützung bei der Entwicklung der rumänischen Windenergie versprochen. Ein Kraftwerksbauer sagt zu, ein Kohlekraftwerk im Wert von einer Milliarde Euro zu bauen.

Vorsicht ist aber geboten: Mit den engen Banden sichern sich die Chinesen auch Einfluss in Europa. Jonathan Holslag vom Brussels Institute of Contemporary China Studies warnte in der „Financial Times“, dass „der komplexe EU-Entscheidungsprozess“ Bulgarien und Rumänien erlaubt, „EU-Vorstöße für mehr Menschenrechte in China zu verwässern“. Und „beim Klimaschutz sind diese Länder Peking vielleicht sogar näher als Brüssel“.

Für den früheren Weltbank-Experten Djankow ist China aber ein Retter in der Not. Denn immerhin geht es um bis zu fünf Milliarden Euro Investitionen. In Euro, wohlgemerkt: „Das war vergangenes Jahr noch anders, da war die Währung noch der Dollar.“ Dieser Vertrauensbeweis in den Euro dürfte auch Brüssel willkommen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2010)

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