BayernLB pocht auf Schadenersatz wegen Hypo

BayernLB pocht Schadenersatz wegen
BayernLB pocht Schadenersatz wegen(c) APA (Matthias Schrader/dpa)
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Die früheren Hypo-Eigentümer sollen 1,6 Mrd. Euro zahlen. Juristen sind aber skeptisch. Rechtlich ist eine Rückabwicklung nicht mehr möglich. Denn die Hypo gehört mittlerweile dem österreichischen Staat.

Wien (höll). Die Causa „Hypo Alpe Adria“ droht das Klima zwischen Bayern und dem Land Kärnten nachhaltig zu vergiften. Denn die Bayerische Landesbank (BayernLB) erwägt ernsthaft, den im Jahr 2007 vollzogenen Kauf der Hypo rückgängig zu machen. Meldungen des Bayerischen Rundfunks, wonach eine Klage aussichtslos sei, werden von einem Banksprecher gegenüber der „Presse“ entschieden dementiert. Das Institut prüfe über die Wiener Anwaltskanzlei Binder & Grösswang, „zivilrechtliche Ansprüche gegen die damaligen Veräußerer der Hypo“ geltend zu machen.

Die Hypo gehörte einst mehrheitlich dem Land Kärnten und der „Berlin & Co. Capital Sarl“. Diese weisen alle Vorwürfe zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Aufsichtsratsvorsitzender der BayernLB ist der Münchner Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU). Aus seinem Umfeld heißt es: Sollte die Prüfung ergeben, dass der Verkauf der Hypo an die BayernLB auf „Lug und Trug“ aufgebaut gewesen sei, wäre der Transaktion nachträglich die Geschäftsgrundlage entzogen. Dann werde Bayern alle Möglichkeiten einer Rückabwicklung nutzen und Schadenersatz geltend machen.

Rechtlich ist eine Rückabwicklung nicht mehr möglich. Denn die Hypo gehört mittlerweile dem österreichischen Staat, der das Institut im Vorjahr vor der Pleite retten musste. In erster Linie wollen die Bayern erreichen, den im Jahr 2007 entrichteten Kaufpreis von 1,6 Mrd. Euro zurückzubekommen. Der Bayerische Rundfunk hat am Donnerstag berichtet, die BayernLB habe der Kärntner Landesholding im Mai 2007 „unwiderruflich“ zugesagt, dass Gewährleistungsansprüche innerhalb von zwei Jahren ab Vollzug des Kaufs gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Und diese Frist sei im Oktober 2009 abgelaufen.

Hypo-Debakel ist ein Politikum

Nach Angaben des BayernLB-Sprechers spiele die vom Rundfunk erwähnte Erklärung keine Rolle. Denn die beauftragten Anwälte würden sich gar nicht auf Gewährleistungsansprüche konzentrieren, es gehe vielmehr um Schadenersatzansprüche gegen die früheren Hypo-Eigentümer.

In Bayern spitzt sich der Streit um das Hypo-Debakel zu. Nächste Woche wird sich der Untersuchungsausschuss des Münchner Landtags ausführlich mit den Vorgängen um die Kärntner Bank beschäftigen. Am Dienstag soll dazu Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) befragt werden, später soll auch Tilo Berlin Auskunft geben.

Spannend wird es am 13. Oktober. Dann soll sich der frühere Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber zur Hypo äußern. Stoiber soll massiv Druck ausgeübt haben, damit die BayernLB nach Osteuropa expandiert, was dieser aber bestreitet. Die BayernLB setzte mit der Hypo 3,7 Mrd. Euro in den Sand. Die Landesbank konnte sich nur durch Milliardenhilfen des deutschen Steuerzahlers über Wasser halten.

Mangelnde Informationen?

Basis für allfällige Schadenersatzansprüche ist ein Gutachten der deutschen Sonderprüferin Corinna Linner. Diese hat die Vorgänge rund um die Hypo-Übernahme unter die Lupe genommen. In dem Gutachten, das der „Presse“ vorliegt, heißt es, dass der engagierte Wirtschaftsprüfer Ernst & Young die Risikolage „mangels ausreichender Unterlagen und Informationen nicht abschließend geprüft“ habe. Dies betreffe vor allem die Bewertung von Wertpapieren und Kundenforderungen.

Und Linner weiter: „Auch die mit der rechtlichen Due Diligence beauftragte Kanzlei Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH berichtet, dass die der Prüfung zugrunde liegenden Dokumente aus dem Datenraum nur sehr beschränkt geeignet seien, ein aussagekräftiges Bild der Gesellschaft zu zeigen.“ Fragt sich nur, warum der damalige Vorstand und der Aufsichtsrat der BayernLB den Kauf trotz der laut Linner teilweise „unvollständigen Informationen“ zugestimmt haben. Die BayernLB erwägt daher auch juristische Schritte gegen das frühere Management.

Kärnten dreht den Spieß um

Tilo Berlin hat in der Vergangenheit alle Vorwürfe, dass es bei der Hypo-Übernahme zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll, zurückgewiesen. Die Kärntner Landesholding bestreitet, dass der BayernLB bei der Due Diligence nicht alle relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden. Die Holding dreht nun den Spieß um. „Wir haben unsere Juristen beauftragt, Klagen gegen die Bayern zu prüfen“, sagte deren Sprecher.

Laut Holding-Aufsichtsratschef Josef Martinz (ÖVP) trage die BayernLB eine Mitschuld am Debakel. Denn das Münchner Institut sei zwischen 2007 und 2009 „alleinverantwortlich“ für die Hypo gewesen.

Die Aufarbeitung der Affäre dürfte noch Jahre dauern. Die Kärntner Bank brachte diese Woche erste Schadenersatzklagen gegen Ex-Vorstände und leitende Mitarbeiter ein. Um wie viel Geld es dabei geht, gibt der Banksprecher nicht bekannt.

Der neue Hypo-Chef Gottwald Kranebitter hat Ende August von einem dreistelligen Millionenbetrag gesprochen.

AUF EINEN BLICK

Die Bayerische Landesbank prüft Schadenersatzansprüche gegen die früheren Eigentümer der Hypo Alpe Adria. Denn der Bank seien beim Einstieg möglicherweise Unterlagen vorenthalten worden. Die Kärntner Landesholding weist alle diesbezüglichen Vorwürfe entschieden zurück und erwägt ihrerseits, die BayernLB zu klagen. Das Hypo-Debakel ist in Bayern ein Politikum. Nächste Woche wird sich der Untersuchungsausschuss des Münchner Landtags mit den Vorgängen um die Kärntner Bank beschäftigen. Am Dienstag soll dazu Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser befragt werden. Auch Ex-Ministerpräsident Stoiber muss sich wegen der Hypo rechtfertigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2010)

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