Deutsche dürfen in Schweizer Konten stöbern

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Noch im Oktober soll ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den Eidgenossen unterzeichnet werden. Das bedeutet das Ende des Bankgeheimnisses. Die Identität der Kunden bleibt nicht länger geheim.

Wien. Das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und der Schweiz dürfte das Ende des Schweizer Bankgeheimnisses bedeuten. Denn Schweizer Banken werden nicht mehr garantieren können, dass die Identität ihrer Kunden geheim bleibt. Aller Voraussicht nach dürfte der Vertrag noch diesen Monat unterzeichnet werden.

Das Regelwerk legt fest, unter welchen Voraussetzungen die Eidgenossen deutsche Finanzbehörden „unterstützen“ werden, sollten Hinweise auf Steuerhinterziehung bestehen, wie Mario Tuor, ein Sprecher des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) in Bern, erklärt.

Der Vertrag werde es deutschen Steuerprüfern ermöglichen, Amtshilfe aus der Schweiz anzufordern, sagt Jurist Eric Jucker. Ein Name und ein Bankkonto würden möglicherweise schon ausreichen, um Informationen aus der Schweiz einzuholen, fügt Daniel Fischer von der Kanzlei AFP Fischer & Partner hinzu. Die wichtigste Frage bestehe darin, wie ein ausreichender Anfangsverdacht definiert werde und wie weit deutsche Behörden Einblick in bereits abgewickelte Transaktionen erhalten werden. Für „steuerschonende“ Anleger werde es jedenfalls sehr viel komplizierter, sagt Fischer weiter. Bis dato hatten ausländische Behörden keine Möglichkeit gehabt, an Informationen von Schweizer Bankkunden zu kommen.

Milliarden in der Schweiz

Hans-Ulrich Lauermann vom Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers geht davon aus, dass es im Zuge des Abkommens zu einer Meldewelle kommen könnte. Die Bundesbürger sind die wichtigsten Kunden der Schweizer Vermögensverwalter und haben in Summe etwa 260 Mrd. Franken (195Mrd. Euro) bei den Eidgenossen geparkt, schätzt das Brokerhaus Helvea. Daten von Jahresbeginn zeigen, dass Schweizer Banken rund 2400 Milliarden Franken an Vermögen von ausländischen Kunden verwalten. Experten schätzen, dass rund ein Drittel davon am Fiskus vorbei in die Schweiz geschleust wurde.

Die nun bevorstehende Einigung mit Deutschland folgt dem Beschluss der Schweiz vom März 2009, den Standard des von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeiteten Musterabkommens zu übernehmen. Den Schweizern war damals von der OECD angedroht worden, auf die schwarze Liste der Steueroasen gesetzt zu werden.

Wie der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits vor Längerem erklärte, werde das gemeinsame Abkommen auf eine Kombination aus einer Abgeltungssteuer und Amtshilfe bei Steuerhinterziehung hinauslaufen. Die Abgeltungssteuer oder auch Quellensteuer wird pauschal von ausländischen Kontoinhabern auf Kapitalerträge eingehoben und an die Heimatstaaten der Kunden überwiesen.

Darauf hoffte nicht zuletzt auch die Schweiz, die besagte Abgeltungssteuer vorgeschlagen hatte. Denn damit würde die Identität der Kunden geheim bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2010)

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