Russlands Ölfirmen hoffen auf China

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Wegen des Gas-Exportmonopols von Gazprom dürfen russische Ölfirmen ihr eigenes Gas nicht exportieren. Das wollen sich Rosneft und Co. nicht länger gefallen lassen. Rosneft stellt das Exportmonopol infrage.

Moskau. Der russischen Gazprom weht zuletzt nicht nur in Europa ein scharfer Wind gesteigerter Konkurrenz entgegen. Das weltweit größte Gasunternehmen gerät auch im Inland zunehmend unter Druck. Dieser kommt nicht nur vonseiten alternativer Gasanbieter, sondern neuerdings auch von Ölkonzernen. Konkret stellte Ende September der Branchenprimus Rosneft das von Gazprom gehaltene Exportmonopol infrage. Man wolle künftig Gas nach China liefern, ließ der neue Rosneft-Präsident Eduard Chudainatov wissen: „Auch Rosneft hat große Ressourcen“, sagte er: „Wir werden eine solche Kooperation diskutieren.“

Der Umstand, dass Gazprom das Transportmonopol im Inland sowie das Monopol auf den lukrativen Export hält, zwingt Ölfirmen nicht nur dazu, das bei der Ölförderung entweichende Begleitgas – unterschiedlichen Statistiken zufolge in der Größenordnung vom Doppelten oder Fünffachen des österreichischen Jahresverbrauches – abzufackeln. Sie bleiben auch auf ihren Naturgasvorkommen sitzen bzw. müssen dieses Gas, so sie es fördern, zum niedrigen Inlandspreis an Gazprom verkaufen. Rosneft etwa, das auf 816 Mrd. Kubikmeter nachgewiesener Gasreserven – etwa dem Hundertfachen des österreichischen Jahresverbrauchs – sitzt, hat 2009 daher laut Zeitung „Vedomosti“ nur 10,5 Mrd. Kubikmeter gefördert.

Gazproms Monopol wackelt

Rosneft orientiert sich an einem Präzedenzfall. Im Juni erhielt der zweitgrößte russische Gasförderer Novatek, im Einflussbereich des im Westen lebenden Putin-Intimus Gennadi Timtschenko, das Recht, Flüssiggas von der Halbinsel Jamal gegen eine symbolische Abgabe selbst ins Ausland zu verkaufen. „Rosneft will die gleichen Vorteile“, sagt Dmitri Absalow, Gasexperte des Moskauer Zentrums für politische Konjunktur: „Wenn Rosneft Gazproms Widerstand überwindet, werden auch die anderen Ölkonzerne aktiv.“ Der zweitgrößte Ölkonzern Lukoil will von Usbekistan Gas nach China liefern. Der drittgrößte Ölkonzern TNK-BP hatte schon früher ähnliche Exportpläne.

Rosnefts Vorstoß nährt sich aus den Perspektiven des chinesischen Marktes. Dazu kommt, dass die Chinesen mit Krediten ausgeholfen haben. Zuletzt stellte China 25 Mrd. Dollar für Rosneft und Transneft, den russischen Monopolisten für Ölpipelines, zur Verfügung und sicherte sich damit Öllieferungen auf 20 Jahre. Ende September wurde die neue Ölpipeline Richtung China eingeweiht.

Nun sieht Rosneft die Zeit gekommen, auf die Welle eines möglichen Gasexports nach China aufzuspringen. Seit Längerem droht Russland dem Westen, die Exportströme teils von Europa weg nach China umzulenken. Ende September hat Russland den großen Energiepakt mit China verkündet. Man will nicht nur Öl liefern und auf dem Atomsektor kooperieren, sondern ab 2015 China auch mit Gas beliefern, hieß es.

Europa zahlt mehr als China

Doch seit sechs Jahren können sich China und Russland auf keinen Preis einigen. Im Unterschied zu Europa, wo Gazprom ein Drittel seiner Fördermenge verkauft und zwei Drittel der Einnahmen lukriert, erweist sich China bei Preisverhandlungen als unflexibel. Zahlt Europa derzeit an die 300 Dollar je 1000 Kubikmeter an Gazprom, so will China laut russischer Zeitung „Kommersant“ einen Preis von 150 Dollar diskutieren.

Russland baut indes darauf, dass Chinas Gasbedarf steigt. In den vergangenen fünf Jahren hat er sich auf 88,7 Milliarden Kubikmeter verdoppelt, weitgehend gedeckt durch eigene Förderung. Dennoch macht Gas bislang nur vier Prozent des chinesischen Energieaufkommens aus. China will den Anteil bis 2020 auf zehn Prozent auf dann 300 Milliarden Kubikmeter steigern.

Hatte Gazprom zu Beginn der Verhandlungen 2004 keine Konkurrenz, so ist diese mittlerweile groß. Abgesehen davon, dass China selbst die Produktion ankurbelt, wurde im Vorjahr auch die erste Pipeline mit einer Kapazität von 40 Mrd. Kubikmetern aus Turkmenistan eröffnet. Dazu kommen Vereinbarungen mit anderen zentralasiatischen Staaten und ein Netz von Häfen für Flüssiggas. Russland hat bislang keine Gastransportrouten nach China. Der Bau der großen Pipeline hängt von einer Einigung beim Preis ab. Russland will sie 2011 erzielt haben.

Auf einen Blick

Die russische Gazprom hat derzeit ein Monopol auf Gasexporte. Dieses wird von den großen Ölfirmen zunehmend infrage gestellt. Alle hoffen auf den großen Markt China.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2010)

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