Belgien für Ausweitung des EU-Rettungsschirms

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Mit dem belgischen Finanzminister Didier Reynders plädiert nun erstmals auch ein Politiker für eine Vergrößerung des 750-Mrd.-Euro-Schirms. Von Deutschland wird der Vorschlag bislang abgelehnt.

Wien/Ag./Jaz. Wenn europäische Finanzpolitiker derzeit zusammenkommen, gibt es nur eine entscheidende Frage: Würde der im Mai beschlossene Rettungsschirm im Ausmaß von 750 Mrd. Euro auch eine Rettung von Spanien, der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone, aushalten? Diese Frage wird nämlich von immer mehr Ökonomen und Analysten mit Nein beantwortet.

Daher machte der deutsche Bundesbankchef Axel Weber bereits vor zwei Wochen einen entsprechenden Vorstoß. „Wenn die Summe aufgebraucht ist, könnten wir sie erhöhen.“ In ein ähnliches Horn stieß Mitte der vergangenen Woche EZB-Chef Jean-Claude Trichet. Die Regierungen müssten ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und darüber entscheiden, ob das derzeitige Volumen von 750 Mrd. Euro ausreiche, um die klammen Staaten im schlimmsten Fall aufzufangen. „Sie müssen in dieser Frage so weit wie möglich gehen und dabei auch so effektiv wie möglich sein“, meinte Trichet.

Entscheidung über Zeit nach 2013

Am Wochenende plädierte nun erstmals auch ein europäischer Spitzenpolitiker für eine Ausweitung des Rettungsschirms. So meinte der belgische Finanzminister Didier Reynders, dass dies schon bald geschehen könnte. Denn in den nächsten Wochen sollen die Euroländer über den permanenten Krisenmechanismus nach 2013 entscheiden. Das derzeitige Rettungspaket ist bis zu diesem Jahr begrenzt. „Wir müssen die Gesamtsumme des verfügbaren Geldes für den ab 2013 geltenden permanenten Mechanismus erhöhen. Ansonsten wird es immer die Spekulation geben, ob es genug ist, um zwei oder mehr Länder aufzufangen. Und wenn die Entscheidung für eine Ausweitung fällt, warum sollten wir diese nicht auch schon jetzt umsetzen?“, so Reynders.

Laut Reynders würde auch der internationale Währungsfonds, der an dem EU-Rettungsschirm beteiligt ist, eine Ausweitung unterstützen. „Sie sind bereit, uns zu folgen, wenn wir uns dazu entschließen.“ Heute, Montag, soll das Thema beim Treffen der EU-Finanzminister mit IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn in Brüssel besprochen werden.

Von anderen EU-Staaten – allen voran Deutschland und Frankreich – wurde eine solche Ausweitung des Rettungsschirms bisher jedoch vehement abgelehnt. Auch am Wochenende reagierte Berlin auf den neuerlichen Vorstoß negativ. „Es bleibt dabei: Es besteht keine Notwendigkeit, den Rettungsschirm zu erhöhen“, hieß es aus dem deutschen Finanzministerium. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert indes bereits seit Wochen, dass die privaten Anleihengläubiger im Fall einer Staatspleite stärker zur Kasse gebeten werden. Dies hat ihr von der EZB und anderen EU-Ländern jedoch die Kritik eingebracht, dass sie so die Finanzmärkte weiter verunsichern würde und die jüngste Eskalation bei den Risikoaufschlägen für Staatsanleihen mitverantwortet hätte.

Die Risikoaufschläge für Staatsanleihen der „PIGS“ (Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien) erreichten vergangene Wochen zum Teil Höchststände. So stiegen etwa die Zinsen für italienische Staatsanleihen auf den höchsten Stand seit 1996. Italien muss daher zur Zeit mehr für neue Kredite zahlen als beispielsweise Brasilien. Auf den Finanzmärkten zunehmend als „gefährlich“ eingestuft werden nun aber auch belgische Anleihen. Reynders wies einen Zusammenhang mit seiner Forderung nach einer Ausweitung des Rettungsschirms jedoch zurück.

USA: Auch Fed könnte ausweiten

Eine Ausweitung der staatlichen Antikrisenmaßnahmen wird aber nicht nur in Europa angedacht. So sagte der Chef der US-Notenbank Fed, Ben Bernanke, in einem Interview, dass die Fed ihr Programm zum Ankauf von US-Staatsanleihen über das im November angekündigte Volumen von 600 Mrd. Dollar (453 Mrd. Euro) ausweiten könnte.

Bereits die bisherigen Pläne führten zu internationaler Kritik, da dadurch der Dollar kräftig abwertet, was in anderen Ländern die Exportwirtschaft trifft.

Auf einen Blick

Belgiens Finanzminister Didier Reynders plädierte am Wochenende dafür, den Rettungsschirm für insolvente Euroländer von derzeit 750 Mrd. Euro weiter anzuheben, damit etwa auch Spanien fix gerettet werden könnte. Von anderen Ländern – allen voran Deutschland – wird das bisher abgelehnt. Heute, Montag, soll das Thema beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel besprochen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2010)

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