Österreichs Handel mit den „Schurkenstaaten“

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Ob Weissrussland, Iran oder Saudi-Arabien: Österreichische Firmen pflegen Wirtschaftsbeziehungen mit umstrittenen Regimen. Den USA ist das ein Dorn im Auge, die WKO lobt den Iran als verlässlichen Partner.

Wien. Studiert man die Homepage der weißrussischen Botschaft in Wien, findet man interessante Informationen: Österreich sei demnach stets ein verlässlicher Partner. Während der vergangenen drei Jahre zählte die Alpenrepublik zu den zwei größten Investoren in dem osteuropäischen Land.

Weiters: Österreich schätze vor allem die „stabile politische Lage“, dass es „keine Konflikte“ gebe, sich die „Wirtschaft dynamisch entwickelt“ und „transparente Rahmenbedingungen herrschen“.

Tatsächlich haben sich die Exporte Österreichs nach Weißrussland zuletzt prächtig entwickelt. In den ersten neun Monaten dieses Jahres führten heimische Unternehmen Güter im Wert von 107 Mio. Euro in Richtung Weißrussland aus. Das bedeutet ein Plus von 24,7Prozent im Vergleich zumVorjahr. Informationen der Wirtschaftskammer zufolge sind neben der Telekom Austria und Raiffeisen International auch die Wiener Städtische, die Spedition Quehenberger oder die Wiener Anwaltskanzlei CHSH in Weißrussland tätig.

In deutlich größerem Umfang verkehren Waren und Dienstleistungen zwischen Österreich und dem Iran. Das Handelsvolumen in den ersten drei Quartalen beläuft sich auf 440Mio. Euro. Das ökonomische Nahverhältnis mit dem Erzfeind der USA war der Supermacht bereits mehrmals ein Dorn im Auge. Eine Anfang Dezember enthüllte Depesche der Plattform WikiLeaks besagt, dass die Creditanstalt im Jahr 2006 Zahlungen der Firma Novin Energy abgewickelt hatte.

Novin Energy sei laut der US-Botschaft am iranischen Nuklearprogramm beteiligt gewesen. Umso verärgerter zeigte sich das Pentagon über die Beziehungen Österreichs zum Iran.

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Deutschland noch aktiver

Von derartigen Geschäften gebe es mittlerweile keine Spur mehr, sagt Walter Koren, Chef der Außenhandelssparte der Wirtschaftskammer. „Österreichs Wirtschaft hält sich im Iran an sämtliche von der EU und der UNO beschlossene Sanktionen.“ Bei den Exporten in den Iran handle es sich zum größten Teil um Konsumgüter und Waren für den medizinischen Bedarf.

Generell sei der Iran ein „traditioneller Wirtschaftspartner, in guten wie in schlechten Zeiten“, erklärt Koren. Ähnlich hält es der Außenhandelschef mit Weißrussland und Saudi-Arabien, das regelmäßig wegen Missachtung der Menschenrechte medial vertreten ist. Von Jänner bis September exportierte Österreich Waren im Wert von 294 Mio. Euro nach Saudi-Arabien. Politik sei Politik, Geschäft sei Geschäft, so Koren sinngemäß. „Wirtschaft soll verbinden, nicht trennen.“

Österreichs wichtigster Handelspartner Deutschland hält es ähnlich wie die Alpenrepublik. In der Exportstatistik des Vorjahres liegt Saudi-Arabien auf Position 34, Iran auf Rang 38, acht Plätze vor Weißrussland. Die Ausfuhren in diese drei Länder belaufen sich auf 10,3 Mrd. Euro. Setzt man diesen Wert in Relation zu den Gesamtausfuhren, exportiert Österreichs Nachbarland anteilsmäßig mehr Waren und Dienstleistungen in die „Schurkenstaaten“ als die Alpen-republik. US-Druck auf OMV Seite9

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2010)

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