Apple wegen „Datenlecks“ am iPhone verklagt

(c) AP (Paul Sakuma)
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Jede zweite App gibt illegal Nutzerdaten weiter. In den Vereinigten Staaten steigen nun erste Anwender auf die Notbremse und decken den iPhone-Hersteller Apple und etliche App-Entwickler mit Klagen zu.

Wien. Eigentlich sind die internetfähigen Smartphones ja eine praktische Erfindung. Vollgepackt mit kleinen Zusatzprogrammen (Apps) mutieren sie schnell zum scheinbar unersetzlichen Navigationsgerät, Kalender und digitalen Rabattgutschein. Um all das tun zu können, sammeln die Anwendungen aber mehr Informationen über ihre Benutzer, als diesen lieb ist. Viele Apps wissen stets, wo sich das Gerät befindet, welche Seiten der Nutzer im Internet ansurft, wer in der Kontaktliste steht. Das Problem: Die meisten können keine Geheimnisse für sich bewahren und reichen eine Menge privater Information an gut zahlende Werbekunden weiter.

Anwalt plant Sammelklage

In den Vereinigten Staaten steigen nun erste Anwender auf die Notbremse und decken den iPhone-Hersteller Apple und etliche App-Entwickler gleich mit zwei Klagen zu. Ihnen wird vorgeworfen, persönliche Informationen der Nutzer für Werbezwecke an Dritte weiterzugeben. Die klagende Anwaltskanzlei KamberLaw, die bereits Facebook erfolgreich wegen der Verletzung des Datenschutzes geklagt hat, strebt eine Sammelklage an. Die Kläger fordern ein Verbot der Datenweitergabe ohne Einverständnis und eine finanzielle Entschädigung.

Für Apple könnte dabei just die, oft kritisierte, Genehmigungspflicht für iPhone-Apps zum Bumerang werden. Da der Konzern jedes Programm begutachte, bevor es am App-Store landet, treffe auch ihn eine Mitschuld an der unerlaubten Sammelwut der Apps, argumentieren die Kläger. Offiziell verbietet Apple den Entwicklern seit April sogar ausdrücklich, Daten für „Vermarktungszwecke“ zu sammeln, die nicht unbedingt erforderlich sind. Heikle Informationen wie etwa der Aufenthaltsort dürfen offiziell überhaupt nur dann weitergeleitet werden, wenn der Nutzer dem vorher ausdrücklich zugestimmt hat.

Auch Google-Apps plaudern gern

Wie ein Test des „Wall Street Journals“ jüngst zeigte, verletzen viele der Programme diese Bestimmungen aber. Die Zeitung nahm 101 Apps für das iPhone und für Googles Android-Handys unter die Lupe. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Anwendungen schickte die Geräte-Identifikationsnummer an die Programmierer zurück, die diese wiederum an Werbekunden weitergaben – ohne den Nutzer zu informieren. 47 Apps plauderten zudem den Aufenthaltsort des Geräts aus, fünf lieferten auch genauere Informationen wie etwa Alter und Geschlecht des Handynutzers.

Google, das über den Android-Marketplace rund 100.000 Apps anbietet, wälzt die Verantwortung dafür auf Nutzer und Entwickler ab. Schließlich könnten die Kunden ja frei wählen, welche Programme sie nutzen. Erst vor wenigen Monaten wurde bekannt, dass eine auf Googles Marktplatz verfügbare Anwendung einen Trojaner im Gepäck hatte, der Login-Daten für Banken stehlen sollte.

Apple rühmt sich hingegen damit, jedes der knapp 300.000 Programme im App-Store getestet zu haben. Ein Fünftel der eingereichten Programme wird im Voraus aussortiert. Der Konzern hat auch strenge Regeln aufgestellt, die den Missbrauch eigentlich verbieten. Die Kläger werfen Apple jedoch vor, sich zu wenig um die Einhaltung dieser Regeln zu kümmern.

Ortungsdienst abschaltbar

Einige der vom „Wall Street Journal“ aufgedeckten Probleme können die iPhone-Nutzer selbst relativ mühelos umgehen. Wer sich ein wenig mit der Menüführung des Geräts vertraut macht, kann zumindest den automatischen Ortungsdienst deaktivieren. Über andere Informationen hat der Nutzer weniger Kontrolle. So schickten etwa 56 von 101 getesteten Programmen eine 40-stellige Identifikationsnummer des Smartphones an die App-Anbieter weiter. Diese Information macht jedes Gerät unverwechselbar. Gelangt sie in die Hände von Werbern, können sich diese ein genaues Bild davon machen, welche Seiten das Gerät im Internet ansteuert oder welche Apps heruntergeladen werden – und entsprechende Werbung platzieren. Diese Identifikationsnummer können die Nutzer selbst nicht abschalten.

Auf einen Blick

Gegen Apple laufen zwei Klagen,weil das Unternehmen angeblich eine Mitschuld daran trägt, dass iPhone-Programme von externen Entwicklern (Apps) illegal Daten der iPhone-Nutzer an Werber weitergegeben haben sollen.

Ein aktueller Test des „Wall Street Journals“ zeigt, dass jede zweite App für iPhones oder Googles Android-Handys ohne Zustimmung der Nutzer Daten ausplaudert. Eine Praxis, die Apple den Entwicklern eigentlich verbietet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2010)

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