Liegen goldene Jahre vor uns?

Liegen goldene Jahre
Liegen goldene Jahre(c) EPA (Gottfried Wilhelm Leibniz / HO)
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Von den Goldminen Ghanas bis zu den Juwelierläden Indiens: Seit der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 spielt Gold eine immer wichtigere Rolle. Experten rechnen weiter mit einem hohen Goldpreis.

Drei Gramm. So viel – besser so wenig – Gold ist in einer Tonne Gestein der Bogoso-Prestea-Mine in Ghana. Hier schürft nicht eine Handvoll Goldsucher, sondern der internationale Bergbaukonzern Golden Star. Die riesige Grube hat 800 Meter Durchmesser, ist 200 Meter tief, 40.000 Tonnen Erz werden jeden Tag von hier in schweren, überdimensionierten Caterpillar-Muldenkippern in die nahe gelegene Aufbereitungsanlage transportiert. In nur vier Tagen fällt eine Menge an abgebautem Erz an, die dem gesamten Weltgoldbestand entspricht. Der Caterpillar-Riesen-Lkw, der gerade vorbeifährt, hat 170 Tonnen Gestein geladen. Das macht rund ein halbes Kilo Gold.

Aus der riesigen Grube können so 120 Kilo Gold täglich gewonnen werden. Der Riesenaufwand lohnt sich: Auf den Goldmärkten erzielen die 120 Kilo einen Preis von 4,1 Millionen Euro. Um etwa genügend Gold für einen Ehering zu schürfen, müssen annähernd zehn Tonnen Gestein verarbeitet werden. Das Gold wird aus dem Gestein gelöst, konzentriert und raffiniert und findet dann seinen Weg auf den Weltmarkt. 650 bis 700 Tonnen gingen 2009 allein nach Indien, 150 bis 200 Tonnen kommen dort aus recycelten Goldbeständen auf den Markt: Damit ist das südasiatische Land der größte Markt für Gold weltweit.

Warum das so ist, erzählt Rosely Paul Vadakkel, eine Schmuckdesignerin mit einem kleinen Laden in Gurgaon, einem Nobelvorort von Delhi. „Gold spielt seit jeher eine wichtige Bedeutung in der indischen Gesellschaft. Eine Hochzeit, in der die Frau nicht üppig mit Goldschmuck behängt ist, ist schlicht unvorstellbar. Das Gold, das die Braut am Körper trägt, ist die Sicherheit, die ihr ihre Familie mit in ihr Leben gibt. Wir alle lieben Schmuck.“ Seit der Goldpreis ständig steigt, würde Gold auch zunehmend als Investment eine wichtige Rolle spielen, sagt sie gegenüber der „Presse am Sonntag“. Rosely Paul Vadakkels Kunden kommen aus der neuen, wohlhabenden Mittelschicht: Sie kaufen über die Jahre pures Gold und sparen schon, wenn die Tochter noch ein Kind ist, für den Schmuck für die Hochzeit. Und weil die Eltern und Verwandten damit rechnen, dass die Goldpreise weiter steigen, kaufen sie Jahr für Jahr Gold.

Hochzeiten und der Goldpreis.Ashish Goel, ein Goldhändler in Karol Bagh, einem traditionellen Marktviertel im Norden von Delhi, hat ebenfalls beobachtet, dass seine Landsleute immer stärker an Gold als Investment und nicht mehr nur an Schmuck interessiert sind. Der Spross der Goel-Familie, die seit 1935 in Delhi Goldschmuck herstellt und Schmuckhandel betreibt, erzählt, wie Indiens „Wedding Season“ oder das Lichterfest Diwali, zu dem traditionell Gold gekauft wird, jedes Jahr die Preise in die Höhe schnellen lässt.

Ronald P. Stöferle, Goldexperte der Erste Bank Research, weist auf diese Tatsache regelmäßig in seinem Report „In Gold we trust“ hin. Stöferle widerspricht denjenigen, die von einer Goldpreisblase sprechen und bleibt weiter „bullish“, was Gold betrifft. Er erwartet Preise von zumindest 2300Dollar je Unze, was ungefähr dem inflationsbereinigten Allzeithoch aus 1980 entsprechen würde. Für Juni 2011 sagt er einen Goldpreis von 1600Dollar je Unze voraus. Die Gründe: Stöferle geht von einem deutlichen Vertrauensverlust in Papiergeldwährungen aus, gepaart mit negativem Realzinsniveau rund um den Globus und der wichtiger werdenden Investorennachfrage.

Der Experte der Erste Bank lässt zudem mit der interessanten These aufhorchen, dass nicht Gold teurer, sondern Papierwerte billiger werden: „Ich denke, dass der Ausweg aus der Schuldenthematik nur in einer Art und Weise erfolgen kann: Papiergeld wird abgewertet.“


Der Preis bleibt heiß? Dass der Preis für Gold weiter steigen könnte, dafür gibt es tatsächlich einige Anzeichen: Für die Minenunternehmer wird es immer schwieriger, an einfach auszubeutende Lagerstätten heranzukommen. Eine Unze (31,1Gramm) Gold zu finden, eine Mine zu errichten und dann das Gold zu produzieren kostet heute über 900Dollar – der Marktpreis liegt derzeit bei 1406Dollar pro Unze.

Auch auf der Nachfrageseite gibt es Indizien, die einen höheren Goldpreis stützen: Die Zentralbanken treten aber nicht mehr wie früher als Verkäufer, sondern als Nachfrager auf dem Markt auf.

Einige Experten verweisen darauf, dass sich das Weltwährungssystem gerade im Umbau befindet. Der Begriff des „Currency-Regime-Change“ macht die Runde, die globale Dominanz des Dollar wird infrage gestellt. Der China-Experte vom Centre for International Governance Innovation, Gregory T. Chin, meinte beim G20-Gipfel in Seoul im November gegenüber der „Presse am Sonntag“: „Die Chinesen wollen ein multipolares Währungssystem, in dem auch Gold wieder eine wichtigere Rolle spielen könnte.“ Kurz vor dem Gipfel hatte Weltbank-Präsident Robert Zoellick genau darüber nachgedacht. Wer Währungsunsicherheit befürchtet, flüchtet in Gold.

Viele Gründe für eine Neujahrsprognose: 2011 könnte ein goldenes Jahr werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.01.2011)

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