Politiker versagen beim Fördern des Häusermarktes

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Niedrige Zinsen, Steuervorteile und fast keine Anzahlungen – all das sollte Ärmeren zum Eigenheim verhelfen, löste aber Immobilienblasen und die US-Finanzkrise aus.

Wien. Am Anfang der Krise stand ein einstürzender Häusermarkt – auf dieses schlichte Faktum wird angesichts der Aufregungen um ungezügelte Banken und die gefährlich anwachsende Staatsverschuldung gerne vergessen. Die OECD ruft in einer aktuellen Untersuchung in Erinnerung, welche falschen politischen Anreize zu dem Erdbeben geführt haben.

Sie zeigt auf, dass die Politiker der Industrienationen zu wenig Lehren aus dem Debakel gezogen haben. Und sie gibt Empfehlungen, wie Regierungen künftig gezielter und schlauer auf den Häusermarkt einwirken können.

Denn was oft so fatal endet, mag ja gut gemeint gewesen sein: Möglichst viele, auch jüngere und einkommensschwache Haushalte sollten in den Genuss eines Eigenheims kommen. Dazu wurden und werden die Zinsen niedrig gehalten, die Kosten von Hypotheken steuerlich absetzbar gemacht und die Aufsicht über die Kreditvergabe vernachlässigt. In den USA etwa stieg die Zahl der Hauskäufe, für die keinerlei Eigenkapital als Anzahlung gefordert wurde, von acht Prozent im Jahr 2001 auf 22 Prozent im Jahr 2007 – also kurz vor Ausbruch der Finanzkrise.

Gerade diese Politik, schreibt nun die OECD, führte nicht nur in den USA zu massiven Preissteigerungen am Immobilienmarkt. Denn Kostenvorteile wie niedrige Zinsen und Steuergeschenke werden vom Markt flugs eingepreist.

Mehr Mieter, weniger Arbeitslose

Das kann dazu führen, dass sich ärmere Haushalte erst recht kein Haus leisten können. In den USA, Irland und Spanien aber mutierten die mittellosen Immobilienbesitzer zu glücklichen Spekulanten – und später, nach Platzen der Blase, zu verzweifelten Bankrotteuren.

Aber auch in anderen Industriestaaten stiegen die Hauspreise zwischen 1980 und 2008 um mehr als 90 Prozent: in Großbritannien, Australien, den Benelux-Ländern und Teilen Skandinaviens. Wenn dann die Hauspreise einbrechen, sitzen viele Eigentümer nicht nur auf einem Schuldenberg, sondern auch in ihren Häusern fest.

Weil sie massiv an Wert verloren haben, kommt es gar nicht in Frage, sie zu verkaufen – um etwa woanders, wo es mehr Jobs gäbe, sein Glück zu versuchen.

Gerade hohe Mobilität wäre aber laut OECD das beste Mittel, um die Zahl der Arbeitslosen rascher zu senken. Hier gibt es unter den Industriestaaten große Unterschiede: Pro Jahr wechselt jeder achte Schwede oder Australier seinen Wohnort, aber nur jeder 35. Portugiese oder Ire (Österreich liegt hier im Mittelfeld).

Das hat zahlreiche Gründe. Überall aber gilt: Eigentum hemmt die Mobilität. Wer nur mietet statt zu kaufen, wechselt leichter den Wohnort. Deshalb empfiehlt die Organisation den Politikern, diese Alternative zu forcieren, statt Käufer und Hausbauer mit gefährlichen Geschenken zu überschütten. Dazu muss aber vielerorts das Angebot an Mietwohnungen vergrößert werden. Und das gehe am besten, wenn sich der Staat möglichst wenig einmischt: „Strenge Mietregulierungen führen zu weniger und schlechterem Wohnraum.“ Zumal auch ihr Nutzen für die Mieter zweifelhaft sei: „Es gibt keine klaren Hinweise, dass die Durchschnittsmieten in Ländern mit strenger Regulierung niedriger sind.“ Hier ist auch Österreich angesprochen, das in Sachen Mietregulierung im Ranking von 30 OECD-Staaten weit vorn an fünfter Stelle liegt (siehe Grafik).

Bilden sich die Mietpreise aber wie gewünscht am freien Markt, brauchen ärmere Haushalte andere Formen der Unterstützung. Eine traditionelle Möglichkeit ist der Bau von Sozialwohnungen. Sie aber behindern laut OECD-Untersuchungen wiederum die Mobilität. Als bessere Alternative hätten sich Zuschüsse bewährt, die nicht an einen Wohnort gebunden sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2011)

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