Energie: "Biomasse kann Öl komplett ersetzen"

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Auf brachliegenden Flächen in Afrika und Südamerika könnte genug angepflanzt werden, um den weltweiten Energiehunger zu stillen. Biomasse könnte Öl somit komplett ersetzen, sagt die World Bioenergy Association.

Wien/Jaz. Am Mittwoch legte der Ölpreis eine Verschnaufpause ein und blieb bei 115 Dollar stehen – der steigende Trend ist jedoch ungebrochen. Dies bringt mögliche Alternativen nun wieder stärker ins Blickfeld. Eine davon sei Biomasse, sagt Kent Nyström, Präsident der World Bioenergy Association, am Dienstagabend vor Journalisten. Mit Holz, Stroh und Energiepflanzen könnten nämlich nicht nur einzelne Häuser beheizt werden. „Biomasse kann Öl komplett ersetzen und den gesamten Energieverbrauch der Welt stillen“, so Nyström.

16.500 Mrd. Liter Benzin

Rund 500 Exajoule Energie verbraucht die Menschheit pro Jahr. Das entspricht ungefähr dem Brennwert von 16.500 Mrd. Liter Benzin. Laut internationaler Energieagentur (IEA) wird der Energieverbrauch bis Mitte dieses Jahrhunderts sogar noch auf über 1000 Exajoule ansteigen. Dennoch ist es aus Sicht von Nyström kein Problem, diesen Bedarf mittels Biomasse zu decken. „Wir haben alle Studien zum globalen Potenzial angesehen, die in den vergangenen zehn Jahren publiziert wurden. Demnach könnten zwischen 1100 und 1500 Exajoule durch Biomasse gedeckt werden.“

Diese Zahl ist überraschend, da etwa heimische Studien zu dem Schluss gekommen sind, dass in Österreich nicht einmal die politisch gewünschte Steigerung des Bioenergieanteils von 25 auf 45 Prozent geschafft werden kann, da zu wenig Flächen verfügbar sind.

Für Nyström ist das kein Widerspruch. „Die Biomasse würde nicht aus Europa kommen, sondern aus derzeit brachliegenden Flächen in Afrika und Südamerika.“ Dass bei dem Transport dieser Rohstoffe zu den Verbrauchern CO2 emittiert werden würde, ist für ihn kein großes Problem. „Auch fossile Energie wird großteils importiert, warum soll das bei Bioenergie nicht möglich sein?“

Zu einer Einsparung des Kohlendioxidausstoßes würde es dennoch kommen, wie das Beispiel eines Kraftwerkes in Belgien zeige. Dort werden statt Kohle nun Holzpellets aus Kanada verheizt. Obwohl das Holz um die halbe Welt transportiert wurde, seien die CO2-Emissionen um 80 Prozent gesunken.

Auch den Vorwurf, dass Bioenergie in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht und dadurch die Lebensmittelpreise steigen, lässt Nyström nicht gelten. „2009 und 2010 sind die Nahrungsmittelpreise wieder auf einem niedrigen Niveau gewesen, obwohl nicht weniger Biosprit verbraucht wurde. Das zeigt, dass es keinen Zusammenhang zwischen Biotreibstoff und den Lebensmittelpreisen gibt.“

Unterstützung erhält er dabei von Judi Wakhungu vom „African Center for Technology Studies“, die sich ebenfalls für die globale Biomasse-Vereinigung engagiert. „Auf dem brachliegenden Land könnte natürlich auch Nahrung angebaut werden. Warum wird das bisher nicht gemacht? Weil es keine Infrastruktur gibt und die Bauern keinen Zugang zu Märkten haben“, so Wakhungu.

Energieexporteur Afrika?

Die höheren Preise für Energiepflanzen könnten jedoch genügend Geld einbringen, um dies zu ändern. „In Afrika interessiert man sich nicht wegen des Klimaschutzes für Bioenergie, sondern weil es ein lukratives Exportprodukt sein könnte“, sagt Wakhungu. Weltweit werden pro Jahr rund 2200 Mrd. Dollar für Erdöl ausgegeben. Von diesem Kuchen wollen die armen Länder Afrikas etwas abbekommen.

Bleiben die höheren Kosten für Bioenergie. Ohne weiteren Ölpreisanstieg ist sie von Konkurrenzfähigkeit noch weit entfernt. „Laut IEA werden Ölprodukte pro Jahr mit mehr als 300 Mrd. Dollar subventioniert. Dieser Betrag könnte viel besser genutzt werden, um damit fossile Treibstoffe durch erneuerbare zu ersetzen“, so Nyström.

Auf einen Blick

Biomasse könnte den gesamten Energiehunger der Welt stillen, sagt Kent Nyström, Präsident der World Bioenergy Association. Dazu müssten nur zur Zeit brachliegende Flächen in Afrika und Südamerika genutzt werden. Für die betroffenen Länder wäre dies eine Chance, ein lukratives Exportgut zu bekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2011)

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