Japans Regierung öffnet Geldhahn: Märkte gelassen

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Atomkraftwerke, Raffinerien und Fabriken in Japan stehen still. Das Erdbeben wird die Neuverschuldung von derzeit annähernd zehn Prozent zweifellos ausweiten. Auch 70 österreichische Unternehmen sind betroffen.

Wien. Zu einer Zeit, in der die Staatsverschuldung mit 200 Prozent des BIPs schwindelerregende Höhen erreicht und die Verringerung des Haushaltsdefizits eines der obersten Ziele ist, gibt es für die japanischen Staatsfinanzen sicher vorteilhaftere Ereignisse als ein Erdbeben.
Das Beben wird die Neuverschuldung von derzeit fast zehn Prozent zweifellos ausweiten. Die Kosten, die mit dem Wiederaufbau auf die japanische Öffentlichkeit zukommen, können noch nicht annähernd abgeschätzt werden. Langfristig könnte das Wirtschaftswachstum des Landes von einer solchen Katastrophe profitieren wie nach der Katastrophe in Kobe im Jahr 1995 (siehe untenstehenden Bericht).
Die japanische Wirtschaft steht seit Freitag, 6.46 Uhr (MEZ), still. Landesweit mussten Atomkraftwerke und Ölraffinerien abgeschaltet werden, Millionen Menschen waren ohne Strom. Der Elektronikkonzern Sony musste sechs Fabriken schließen, Flughäfen – darunter jener in Tokio – mussten vorübergehend geschlossen werden. Auch der Bahnverkehr musste eingeschränkt werden.
sDie japanische Regierung und die Notenbank erklärten sofort, umfassende Hilfe bereitzustellen. Finanzminister Yoshiko Noda sagte, dass die Staatsschulden kein Hindernis für die notwendigen Schritte sein werden.
Die Bank of Japan sicherte billiges Geld zu, sie wolle Liquidität bereitstellen und die Stabilität der Finanzmärkte garantieren. Expansive Geldpolitik bleibt das einzige Mittel, da die Leitzinsen schon bei null stehen und nicht mehr gesenkt werden können.
An der Tokioter Börse merkte man von dem Beben nicht allzu viel, vor allem auch deswegen, weil sich die Katastrophe 14 Minuten vor Börsenschluss ereignete. Der Nikkei-Index verlor in dieser Zeit moderate 1,72 Prozent. Der Schlusswert war dennoch der niedrigste seit fünf Monaten.

Als Exportland global vernetzt

Für Montag, wenn die Börse wieder öffnet, werden für japanische Aktien Verluste erwartet, vor allem bei Unternehmen, die vom Erdbeben direkt betroffen sind.
Die internationalen Leitindizes gaben nur kurzfristig nach, von Hektik gab es keine Spur. ATX und DAX lagen nur leicht im Minus, der Dow Jones eröffnete schwach.
Auf den internationalen Devisenmärkten stand der Yen im Fokus. In den Handelsräumen wurde darüber spekuliert, dass die Japaner – wie auch schon nach dem schweren Beben von Kobe – Fremdwährungen wieder zurückführen. Die Landeswährung stieg zum Dollar bis auf 82,59 Yen.
Die Welt blickt gespannt auf die Entwicklung der Realwirtschaft. Schließlich ist die Exportnation Japan als drittgrößte Volkswirtschaft stark mit anderen Ländern vernetzt.
Aus europäischer Sicht hängt Japan mehr an der EU als umgekehrt. Der europäische Anteil am japanischen Außenhandel beträgt 11,6 Prozent, während der japanische Anteil am europäischen Außenhandel nur bei vier Prozent liegt. Österreich exportiert laut einer Wifo-Berechnung nur 0,9 Prozent seiner Ausfuhren nach Japan.
70 österreichische Unternehmen haben der Wirtschaftskammer zufolge Niederlassungen in Japan, darunter Swarovski, Red Bull und Riedl-Gläser. Es sei noch nicht bekannt, wie stark die österreichischen Unternehmen von dem Beben betroffen sind.
Viel mehr als die heimischen Unternehmen haben die Rückversicherer (Unternehmen, die Versicherungen ihr Risiko abkaufen) zu fürchten. Mit dem Erdbeben in Neuseeland und den Überflutungen in Australien haben viele Firmen schon in den ersten drei Monaten das Katastrophenbudget für dieses Jahr aufgebraucht. Und das, obwohl die Hurrikansaison noch bevorsteht.
Die weltweit größten Rückversicherer Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück halten sich mit Schadensummen bedeckt. Sie bestätigten, japanische Kunden zu haben. Das Ausmaß, mit dem man hafte, sei aber noch nicht klar.

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