Wall Street: Justiz verstärkt Kampf gegen Insiderhandel

(c) AP (Mark Lennihan)
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Die Staatsanwaltschaft fährt schwere Geschütze auf, um den Aktienhandel an der New Yorker Börse ehrlicher zu machen. Mit der Verurteilung eines Hedgefonds-Managers setzt die Justiz ein deutliches Warnzeichen.

New york/Ag. Es ist ein wenig wie Sonntagszeitungstehlen für Wall-Street-Broker: Man hat einen guten Freund – etwa bei Goldman Sachs –, der einem etwas erzählt – etwa von einen unerwarteten Verlust –, und schnell leiht man sich Aktien und macht einen Short Sale. Wenn der Kurs dann fällt, verdient man kräftig. Das ist illegal und verboten, aber das ist das Stehlen der Sonntagszeitung auch.

Mit der Verurteilung des Hedgefonds-Managers Raj Rajaratnam setzt die US-Justiz jetzt aber ein deutliches Warnzeichen: „Es gibt Regeln und Gesetze, und die gelten für jedermann“, triumphierte Staatsanwalt Preet Bharara nach dem Schuldspruch, der es sich zum Ziel gesetzt hat, mit dem Insiderhandel rigoros aufzuräumen.

Dafür setzte der Staatsanwalt auch eher ungewöhnliche Maßnahmen ein, die man bisher vor allem für Drogenkriminelle reserviert hatte: Er ließ die Telefone des Händlers abhören, um ihm auf die Schliche zu kommen. Von 1829 abgehörten Telefonaten betrafen 2008 nur zwölf solche Fälle wie Rajaratnams, analysierte das „Wall Street Journal“ („WSJ“), das seiner einschlägigen Leserschaft eine deutliche Botschaft zukommen lässt: „Die Justiz fährt die schweren Geschütze an der Wall Street auf.“

„Ich hab gestern von jemandem aus dem Verwaltungsrat von Goldman Sachs gehört, dass sie zwei Dollar pro Aktie Verlust machen werden“, berichtete Rajaratnam bei einem Telefonat einem Bekannten. Allgemein hatte die Börse mit einem Gewinn von 2,50 Dollar gerechnet. Und wieder war er ein paar Millionen reicher.

Als Einwanderer zum Milliardär

Bis auf die 559. Stelle der reichsten Menschen der Welt hatte sich der 53-jährige Gründer des Hedgefonds Galleon vorgearbeitet, der als Einwanderer aus Sri Lanka in die USA kam. 2009 gab „Forbes“ sein Vermögen mit 1,3 Milliarden Dollar an. Jetzt muss er, verhängt der Richter im Juli in jedem der 14 Anklagepunkte die Höchststrafe, für 205 Jahre in Haft.

Der Grat zwischen unerlaubtem Insiderhandel und freundschaftlicher Information ist ein schmaler. Als „Expertennetzwerke“ bezeichnet das „WSJ“ die Verbindungen zwischen Firmeninsidern und Investoren. Die einen liefern Analysen, die anderen wetten darauf. Rajaratnam hatte eine ähnliche Beziehung zu einem Mitarbeiter der Unternehmensberatung McKinsey, dem er 500.000 Dollar für spezifische Firmeninformationen bezahlte – plus Bonus am Jahresende.

46 Männer und Frauen gehörten diesem Netzwerk der „Friends of Raj“ an, 34 wurden bisher verurteilt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2011)

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