EZB-Chef Trichet will europäisches Finanzministerium

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EZBChef Trichet will europaeischesdapd (Lohnes)
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Den Euro-Ländern soll damit teilweise die Souveränität entzogen werden. Jean-Claude Trichet will so eine "unsolide Wirtschaftspolitik vermeiden" und einzelne Länder könnten so der Währungsunion nicht schaden.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet will die Spielregeln für die Euro-Länder fundamental ändern. Damit soll die Währungsunion vor neuen Schuldenkrisen bewahrt werden. Trichet regt dazu die Gründung eines europäischen Finanzministeriums an. In Schwierigkeiten geratenen Ländern will der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) einen Teil ihrer Souveränität entziehen und auf europäische Institutionen übertragen - etwa Haushaltsentscheidungen.

Die deutsche Regierung steht in einer ersten Reaktion dem Vorschlag zurückhaltend gegenüber. Ein Sprecher sagte, die bestehenden Probleme müssten mit den bestehenden Mitteln und Möglichkeiten gelöst werden.

Idee als "Langfristperspektive"

"Wäre es zu kühn, sich eine Union vorzustellen, die nicht nur einen gemeinsamen Markt, eine gemeinsame Währung und eine gemeinsame Zentralbank hat, sondern auch ein gemeinsames Finanzministerium?" Das sagte Trichet am Donnerstag in Aachen, wo er wegen seiner Verdienste um die europäische Einigung den Karlspreis erhielt. Ein solches Ministerium solle nicht unbedingt große Budgets verwalten. Stattdessen solle es sich um die Themen Haushaltspolitik und Wettbewerbsfähigkeit ebenso kümmern wie um den Finanzsektor sowie die EU in den internationalen Institutionen vertreten. Trichet nannte seine Idee eine "Langfristperspektive".

Mittelfristig schwebt ihm ein Zwei-Stufen-Plan für Euro-Länder vor, die von einer Staatspleite bedroht sind. "In der ersten Stufe kann im Rahmen eines Anpassungsprogramms finanzielle Unterstützung geleistet werden", sagte der EZB-Chef. "Den Ländern soll die Möglichkeit gegeben werden, selbst Korrekturen vorzunehmen, um wieder Stabilität herzustellen." Das liege im Interesse der gesamten Währungsunion, da so ein Übergreifen von Krisen verhindert werde. Die Umsetzung müsse von den anderen Ländern konsequent überwacht werden. Sollten die Maßnahmen erfolglos bleiben, müsse dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs in Zusammenarbeit mit EU-Kommission und EZB eine "direkte Einflussnahme" auf die Geschicke des Landes ermöglicht werden.

"Eine Möglichkeit der praktischen Umsetzung wäre, dass europäische Institutionen ein Veto gegen bestimmte wirtschaftspolitische Entscheidungen eines Landes einlegen könnten", sagte Trichet. Ein solches Veto könnte beispielsweise wichtige Haushaltsentscheidungen betreffen.

Die Währungsunion kämpft seit mehr als einem Jahr mit einer schweren Schuldenkrise. Mit Griechenland, Irland und Portugal mussten bereits drei Länder Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds in Anspruch nehmen, um einer Staatspleite zu entgehen. "Um unsolide Wirtschaftspolitik zu vermeiden, hat die Stärkung der Regeln höchste Priorität", sagte Trichet. "Sie müssen verhindern, dass einzelne Länder durch ihre Politik sich selbst und dem gesamten Eurogebiet schaden."

(Ag.)

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