Griechenlands Galgenfrist läuft spätestens 2014 ab

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Der EU-Gipfel beschloss ein zweites Hilfspaket für Athen und den neuen Euro-Rettungsschirm, der es künftig deutlich schwerer macht, an Gelder zu kommen. Das Geld soll das Land bis 2014 zahlungsfähig machen.

Brüssel. Die Uhr tickt. Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat in der Nacht auf Samstag von den EU-Staats- und Regierungschefs zwar die Zusage für ein zweites Sparpaket in der Höhe von voraussichtlich nochmals 100 Milliarden Euro erhalten. Das Geld soll gemeinsam mit verlängerten Laufzeiten für bisherige Staatsanleihen das Land bis 2014 zahlungsfähig machen. Gelingt es Athen aber nicht, bis dahin seinen Staatshaushalt zu sanieren – was nach derzeitigem Stand fast unmöglich erscheint –, ist der Staatsbankrott, wie Finanzexperten am Rande des EU-Gipfels betonten, nicht mehr aufzuhalten.

Die Pleite könnte freilich schon vorher eintreten, wenn Griechenlands Parlament die auferlegten Sparpakete nicht mitträgt. Die nächste Abstimmung muss bis 28.Juni stattfinden. Segnen die Abgeordneten die harten Einsparungen nicht ab, ist das Land bereits im Juli pleite. Es erhält dann nicht einmal mehr die nächste Tranche der Kredite von IWF und EU in Höhe von zwölf Milliarden Euro. Geht hingegen alles gut, hat Griechenland noch eine Galgenfrist von zwei Jahren.

Dann werden sich nämlich die Spielregeln für marode Eurostaaten grundlegend ändern. Mitte 2013 wird der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) mit einem Volumen von 700 Milliarden Euro den fragilen derzeitigen EU-Rettungsfonds (EFSF) ersetzen. Dies beschlossen die Staats- und Regierungschefs der EU am Freitag.

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Private haften künftig stärker

Der ESM ist nicht nur mit mehr Geld ausgestattet, er sieht auch härtere Auflagen für Schuldnerstaaten vor. Die vorrangige Haftung für private Gläubiger, wie sie im Rahmen des ESM-Pakets verankert ist, wird laut Experten der EU-Finanzminister dazu führen, dass marode Staaten kaum noch Chancen haben, sich auf den Märkten Geld zu leihen. Denn ab diesem Zeitpunkt werden bei einer Umschuldung die öffentlichen Gläubiger vorrangig bedient. Private würden als Erste ihr Geld verlieren. Ausnahmen gibt es nur für aus dem EFSF übernommene Kreditzusagen.

Da es politisch nicht mehr vorstellbar ist, dass Athen nochmals weitere Milliarden von den Europartnern erhält, wird es künftig wieder auf private Investoren angewiesen sein. Griechenland muss also sein Rating als kreditwürdiges Land deutlich verbessern, um wieder an Finanzmittel zu kommen. Dies kann nur gelingen, wenn es seine Staatsschulden von derzeit 360 Milliarden Euro oder rund 157 Prozent des BIPs so weit abbaut, dass es von den Zinszahlungen nicht mehr erdrückt wird und realistische Chancen auf einen kontinuierlichen Schuldenabbau hat. Derzeit ist das laut internationalen Ratingagenturen nicht der Fall.

Schon jetzt gehören über 50 Prozent der griechischen Staatsanleihen öffentlichen Institutionen. Private Geldgeber ziehen ihr Geld zunehmend ab. Nur wenige, etwa die belgische Bank Dexia oder die französische Credit Agricole waren bisher bereit, Athen auch in einem weiteren Rettungspaket zu unterstützen.

Warum Griechenland angesichts einer solchen Situation vorerst noch weiteres Geld erhält, hängt mit der Hoffnung der EU-Regierungen zusammen, dass sie das Land noch bis 2014 durchtragen können. In diesen zwei Jahren will man alles versuchen, die beiden anderen am Staatsbankrott schrammenden Euroländer Portugal und Spanien ins Trockene zu bringen. „Wenn Athen wirklich alle Sparprogramme durchdrückt, hat es noch eine reelle Chance, es zu schaffen“, heißt es in Regierungskreisen.

Um die bereits angespannte innenpolitische Situation in Athen zu entschärfen, hat die EU-Kommission eine Milliarde Euro an Strukturmitteln lockergemacht, die direkt in den Wiederaufbau der griechischen Wirtschaft investiert werden sollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2011)


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