Griechenland: Chancen für Ja zu Sparpaket gestiegen

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Griechenland(c) AP (Petros Karadjias)
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Bis auf einen Abgeordneten dürften die regierenden Sozialisten geschlossen für das Sparpaket stimmen.

Im Athener Parlament hat am Mittwoch die mit Hochspannung erwartete Debatte über das drastische Sparprogramm zur Rettung Griechenlands begonnen. Dabei sind die Chancen für eine Annahme des Vorhabens von Ministerpräsident Giorgos Papandreou gestiegen. Denn aus den Reihen der regierenden Sozialisten werden möglicherweise weniger Abweichler dagegen stimmen als zunächst erwartet. Von der Annahme des Sparpakets hängt ab, ob Griechenland weitere internationale Milliardenhilfen erhält und einen drohenden Staatsbankrott abwenden kann. Die Abstimmung wird für den frühen Nachmittag erwartet. Die Sitzung wird begleitet von massiven Streiks und Protesten.

Der sozialistische Abgeordnete Thomas Robopoulos gab im Fernsehen bekannt, dass er seine bisherige Haltung aufgegeben habe und nun doch mit Ja stimmen werde. Sein Fraktionskollege Alexandros Athanassiadis, der ebenfalls zu den potenziellen Abweichlern gezählt wurde, ließ am Mittwoch offen, wie er abstimmen werde. Die Ex-Außenministerin Dora Bakoyannis, die sich von der konservativen Nea Dimokratia getrennt hatte, kündigte eine Stimmenthaltung an. Papandreou kann aber auch mit Zustimmung aus den Reihen der Nea Dimokratia rechnen. Die konservative Abgeordnete Elsa Papadimitriou kündigte am Mittwoch an, sie werde trotz der Ablehnung ihrer Partei im Laufe des Tages mit den regierenden Sozialisten stimmen, die 155 der 300 Abgeordneten stellen.

Erneute Ausschreitungen

Vor dem griechischen Parlament kam es am Mittwoch erneut zu Ausschreitungen von militanten Gegnern des Sparprogramms. Während der Parlamentsdebatte lieferten sich etwa 200 Demonstranten vor dem Gebäude Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Beamten gingen mit Schlagstöcken und Tränengas gegen die Demonstranten vor. Bereits am Dienstag und in der Nacht auf Mittwoch hatten Autonome sich vor dem Parlament Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften geliefert. Nach Angaben der Polizei wurden 42 Gewalttäter festgenommen. Mehr als 300 Menschen wurden - überwiegend leicht - verletzt, darunter 38 Polizisten.

Papandreou will bis 2015 gut 78 Milliarden Euro einsparen. Die Maßnahme ist Voraussetzung für ein neues Hilfspaket im Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro, das am kommenden Wochenende von den EU-Finanzministern beschlossen werden soll.

IWF-Chefin warnt

Mit eindringlichen Worten rief die designierte Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, die griechische Opposition zum Schulterschluss mit der Regierung auf. "Die Opposition sollte im Sinne der nationalen Einheit die Regierung unterstützen. Es geht um das Schicksal des Landes", sagte Lagarde den französischen Sendern LCI und TF1 am Mittwoch. Griechenland müsse seiner Verantwortung gerecht werden, fügte sie hinzu. Auch Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) hofft auf eine Zustimmung zum Sparpaket: "Die Griechen sind gut beraten, an ihre Zukunft zu denken und damit den Rat aus Brüssel zu befolgen", sagte er im "Ö1"-Radio.

Weitaus drastischer formulierte es der griechische Notenbankchef Giorgos Provopoulos: Ein Nein der Abgeordneten im Athener Parlament wäre ein "Verbrechen - das Land würde für seinen Selbstmord stimmen", zitierte ihn die "Financial Times" (Mittwoch). Provopoulos kritisierte, dass die schwere Krise seines Landes in den vergangenen Monaten von der Politik heruntergespielt worden sei. "Wir hatten in diesem Land eigentlich keine Debatte darüber, was falsch gelaufen ist", bemängelte der Notenbankchef.

Streiks fortgesetzt

Die griechischen Gewerkschaften setzten am Mittwoch die am Vortag begonnenen, landesweiten Streiks fort. In Athen fuhren keine Züge und Busse. Auch zahlreiche Fähren waren von der Arbeitsniederlegung betroffen. Ministerien und staatliche Unternehmen sowie viele Banken wurden ebenfalls bestreikt.

Attac Österreich solidarisierte sich unterdessen mit den protestierenden Menschen. "Die Kürzungspolitik, zu der die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds Griechenland zwingen, wird die Krise nicht lösen sondern verschärfen. Das ist die gleiche destruktive Rezessionspolitik", sagt Alexandra Strickner von Attac Österreich in einer Aussendung.

Und das BZÖ bekräftigte am Mittwoch seine Kritik am europäischen Rettungsplan. Parteichef Josef Bucher sagte bei einer Pressekonferenz, die Milliardenzahlungen für Griechenland seien eine reine "Konkursverschleppung". Es sei "völlig auszuschließen", dass es das marode Land ohne eine Umschuldung aus der Krise schaffe. Das Athener Sparpaket belaste jeden einzelnen Bürger mit 7.000 Euro. Solche Einschnitte würden zu einem Zusammenbruch der Binnennachfrage führen, das mache wiederum eine Genesung des Landes unmöglich, meinte der BZÖ-Obmann.

(APA/Ag.)

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