Naher Osten: Megapleite der Saudis trifft Raiffeisen

Naher Osten Megapleite Saudis
Naher Osten Megapleite Saudis(c) EPA (ALI HAIDER)
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Die Raiffeisen Bank International hat Probleme mit einem Kreditgeschäft in Saudiarabien. Es geht um einen "niedrigen dreistelligen Millionenbetrag". Andere österreichische Banken sind nicht in die Causa verwickelt.

Wien/Riad. Von Griechenland droht der Raiffeisen Bank International (RBI) keine Gefahr. Dort hat RBI-Chef Herbert Stepic nur 133 Mio. Euro vergeben. Um etwas mehr Geld geht es da schon im Nahen Osten. Laut „Presse“-Informationen ist Raiffeisen vom Zusammenbruch des saudiarabischen Baukonzerns Algosaibi und von „Dubai World“ betroffen. Das Engagement soll sich in Summe auf 300Mio. Euro belaufen. Raiffeisen will den Betrag weder bestätigen noch dementieren.

Algosaibi gehörte zu den führenden Baugesellschaften und Industriekonglomeraten auf der Arabischen Halbinsel. Als das Unternehmen im Zuge der Finanzkrise kollabierte, sollen Großbanken schätzungsweise 22 Mrd. Dollar verloren haben. Seitdem tobt ein Streit zwischen einigen Kreditinstituten und den reichsten Familien Saudiarabiens, die bei Algosaibi mitmischen. Diverse Gerichtsverfahren sind anhängig. Die Rede ist von „Kredit-Unregelmäßigkeiten“. Zudem sollen innerhalb der Firmengruppe umstrittene Finanztransaktionen getätigt worden sein. Vor Gericht bestreitet Algosaibi alle Vorwürfe.

Schwierige Restrukturierung

Von den Problemen sind Finanzkonzerne auf der arabischen Halbinsel am stärksten betroffen. Auch die US-amerikanische Citigroup und die französische BNP Paribas sollen auf größeren Verbindlichkeiten sitzen. „Die Presse“ fand heraus, dass sich auch Raiffeisen auf der Gläubigerliste befindet. Laut RBI-Sprecher Michael Palzer ist das Institut bei Algosaibi mit einem „niedrigen dreistelligen Millionenbetrag“ engagiert. Ein konkreter Betrag wird nicht bekannt gegeben. Über die Höhe der Abschreibungen für die Kredite macht Palzer ebenfalls keine Angaben. Das Ganze sei aber bereits in der Vorjahresbilanz enthalten und ausreichend wertberichtigt. Trotz dieses Vorfalls erwirtschaftete RBI 2010 einen Gewinn von über einer Milliarde Euro.

Raiffeisen ist die einzige österreichische Bank, die in die Causa verwickelt ist. Erste Bank und Bank Austria haben kaum Geschäfte in Saudiarabien. Experten schätzen die Chancen, dass Algosaibi den Kredit vollständig zurückzahlen kann, als gering ein. Die Zentralbank der Vereinigten Arabischen Emirate forderte die Finanzinstitute ihres Landes auf, die Abschreibungen von ursprünglich 50Prozent auf 80 Prozent der ausgeliehenen Summe zu erhöhen.

Nicht so schlimm läuft es für Raiffeisen beim staatlichen Mischkonzern „Dubai World“. Nach monatelangen Verhandlungen einigte sich die Gesellschaft in Dubai mit 80Kreditgebern auf eine Umschuldung. „Dubai World“ konnte seinen Gläubigern einen Zahlungsaufschub abringen, sicherte ihnen aber gleichzeitig die Rückzahlung aller Schulden zu.


Dubai: Keine Wertberichtigungen
In fünf Jahren sollen zunächst 4,4 Mrd. Dollar beglichen werden, in einer zweiten Trance in mehr als acht Jahren dann die restlichen 10,3 Mrd. Dollar. Laut dem RBI-Sprecher geht es für Raiffeisen bei Dubai World um einen „zweistelligen Millionenbetrag“. Das Institut habe hier aber keine Wertberichtigungen getätigt, denn bei den Verhandlungen über die Restrukturierung gebe es gute Fortschritte.

Wie kommt es, dass Raiffeisen so stark am Persischen Golf engagiert ist? Das hänge mit der „Risikodiversifikation“ zusammen, sagt Palzer. Die Bank möchte die Risken auf viele Regionen aufteilen. RBI hat im Nahen Osten keine Filiale, die Repräsentanz in der iranischen Hauptstadt Teheran wurde geschlossen. Geschäfte wie mit Algosaibi und Dubai World werden von der Zentrale in Wien abgeschlossen.

Die Ölmacht Saudiarabien galt für Finanzkonzerne bislang als besonders sichere Adresse. Risken seien angesichts des Familienvermögens nicht immer genau geprüft worden, sagen Bankmanager in Dubai. Raiffeisen bestreitet das. 90Prozent aller Unternehmen im Nahen Osten gehören Familienclans. Nach Meinung von Experten fehlt es hier oft an Transparenz. Mit dem Zahlungsausfall bei Algosaibi änderte sich die Situation. Jetzt müssen Familienbetriebe mehr Daten bekannt geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2011)

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