Spanien: Schulden werfen Schatten im Sonnenland

(c) Clemens Fabry
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Nur keine Panik lautet die Devise der Regierung Zapatero - aber vor der nächste Woche geplanten Platzierung weiterer Anleihen steigt die Nervosität. Die Bevölkerung muss mit neuen Sparpaketen rechnen.

Madrid. Beruhigen, beschwichtigen, keine Panik zeigen. Dies kann die spanische Finanzministerin Elena Salgado, Spaniens „eiserne Lady“, wirklich meisterhaft. „Das aufgewühlte Wasser an den Finanzmärkten wird schon wieder ins Flussbett zurückkehren“, sagt sie mit fester Stimme mitten im haushaltspolitischen Unwetter.

Kurz zuvor waren die Risikoprämien für spanische Staatsanleihen auf einen neuen Höchstwert gestiegen. Was bedeutet, dass es für Spanien immer teurer wird, am internationalen Geldmarkt Kredite aufzunehmen und den horrenden staatlichen Schuldenberg zu finanzieren. Zehnjährige spanische Schuldscheine wurden zuletzt mit einem Zinssatz von sechs Prozent gehandelt. Zum Vergleich: Deutsche Bundesanleihen lagen bei etwa 2,6Prozent. Das sind schlechte Vorzeichen für die Zukunft der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone.

Spanien will am 21. Juli an den Finanzmärkten Anleihen in Höhe von 20 Mrd. Euro platzieren. Angesichts der Zinsspirale ein riskantes Geschäft für Salgado und die sozialistische Regierung von Ministerpräsident José Luis Zapatero, deren Haushaltsziele für 2011 kaum noch einzuhalten sind.

Auf sechs Prozent des BIPs will Zapatero bis Ende des Jahres die Neuverschuldung drücken, die im Vorjahr bei 9,2 Prozent lag und damit fast doppelt so hoch war wie beim zweiten großen Euro-Wackelkandidaten Italien.

„Optimistisches“ Ziel

Die EU-Kommission nannte Spaniens Sparziel, wonach die Neuverschuldung bis 2013 wieder auf unter drei Prozent gedrückt werden soll, schon vor längerer Zeit diplomatisch „optimistisch“. Vor allem, weil in Spaniens Regionen noch viele Leichen im Keller liegen, das Geld von den Regionalregierungen bis zuletzt mit vollen Händen ausgegeben und manche Bilanz offenbar frisiert wurde.

Auch sonst ist das Szenario unter der spanischen Sonne alles andere als ermutigend: Die Arbeitslosigkeit beträgt 21Prozent, bei den unter 25-Jährigen sogar 44Prozent. Die Wirtschaft wächst heuer voraussichtlich nur schwach mit etwa einem Prozent und damit nur halb so viel wie im EU-Schnitt.

Aber die Armut nimmt zu: Etwa ein Drittel der knapp fünf Millionen Arbeitslosen bekommt kein Arbeitslosengeld. Jeder Fünfte der 47 Millionen Spanier gilt nach Angaben der Caritas inzwischen als arm, weil er nicht mehr über die Runden kommt. Hunderttausende Spanier sind, erwürgt von Konsum- und Hypothekenkrediten, pleite.

Etliche spanische Banken wackeln, weil sie die Kreditausfälle nach Spaniens Immobiliencrash nicht verdauen können (Stresstest Seite 15). Das bedeutet weitere Milliardenbelastungen für die ohnehin leere Haushaltskasse.

Nur bei der Gesamtverschuldung sieht es noch nicht ganz so dramatisch aus: Mit etwa 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) standen die Spanier 2010 noch ganz gut da, während Italiens Gesamtschulden bei 120Prozent lagen und der Schuldendurchschnitt in der Eurozone 85 Prozent beträgt.

Gleichwohl kommen weitere harte Sparrunden auf die Spanier zu, die ohnehin schon unter Steuererhöhungen und sozialen Einschnitten ächzen. „Wir müssen einen großen gemeinsamen Kraftakt unternehmen“, bereitet Regierungschef Zapatero das Volk auf schwere Zeiten vor. „Unser Wohlstand in den nächsten Jahrzehnten steht auf dem Spiel.“

Spanien werde diese „harte Prüfung überstehen“, glaubt Zapatero. Er selbst wird wahrscheinlich politisch nicht überleben. Seine sozialistische Minderheitsregierung liegt in allen Umfragen weit abgeschlagen hinter der konservativen Opposition: Möglicherweise schon im November wird gewählt, dann wird die christdemokratische Volkspartei wohl den Karren aus dem Dreck ziehen müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2011)

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