Parallel zum milliardenschweren Rettungsschirm, der über Griechenland, Portugal und Irland aufgespannt wurde, heißt es jetzt sparen. Harte Maßnahmen mussten auch die Risikoländer Italien und Spanien setzen.
Wien. Die Probleme der Eurokrisenländer sind höchst unterschiedlich. Die Sparpakete, die sie schnüren, um dem Untergang zu entgehen, ähneln einander. So ist es immer ein Mix aus Steuererhöhungen, Privatisierungen und dem Streichen von Sozialausgaben. Auch Staatsbedienstete sind stets betroffen. Und die Anhebung des Pensionsantrittsalters zieht sich fast ebenso nahtlos durch. Einzig die Ernsthaftigkeit der Bemühungen sind unterschiedlich. So sind die Spanier und die Italiener, die noch nicht auf die Hilfskredite der anderen Euroländer angewiesen sind, etwas zaghafter. Letztere lassen sich mit dem Start der Maßnahmen etwas länger Zeit. Der größte Pleitier, Griechenland, musste mit einem Paket von 78 Milliarden Euro die meisten Eingriffe vornehmen. In Athen gab es naturgemäß auch die heftigsten Proteste gegen die Sparpläne der Regierung. Ob die Maßnahmen auch greifen werden, darüber sind sich Analysten uneinig – und zwar ausnahmslos bei allen fünf Krisenländern.
Reaktionen auf das Griechen-Hilfspaket
Italiener leiden still - 1843 Mrd. Euro
Um das angeschlagene Italien nicht im Strudel der Finanzkrise untergehen zu lassen, schnürte Finanzminister Giulio Tremonti in letzter Minute ein mehr oder weniger ambitioniertes Sparpaket. 47 Milliarden Euro sollen in Summe zusammenkommen. So richtig angehen will man das Sparen allerdings erst 2013 bzw. 2014. Dann fallen alle möglichen Steuererleichterungen weg, was jede italienische Familie mit mehr als 1000 Euro jährlich belasten wird. Im Gesundheitsbereich werden Selbstbehalte eingeführt: für Untersuchungen bei Fachärzten und Labors zehn Euro, in Ambulanzen 25 Euro. Die Steuern auf Treibstoffe steigen weiter, die Stempelgebühren werden erhöht. Schließlich sollen Privatisierungen 35 Milliarden Euro bringen.
Trauma für Portugiesen - 160 Mrd. Euro
In Portugal wurde eine Regierung wegen des von ihr geplanten Sparpakets in die Wüste geschickt, die nächste musste es dann doch beschließen. Anfang Juli verabschiedete das Parlament sogar ein verschärftes Sparprogramm. So wird das Weihnachtsgeld der Portugiesen halbiert. Es wird alle betreffen, die ein 14. Gehalt über dem Mindestlohn von 485 Euro beziehen. In Summe soll das 800 Millionen Euro in die Staatskassen bringen. Weiters geplant: eine Verringerung der Sozialbeiträge der Unternehmen zur Ankurbelung der Wirtschaft oder eine Anhebung der Mehrwertsteuer. Außerdem sind umfassende Privatisierungen vorgesehen, etwa der Fluggesellschaft TAP, sowie von Fernseh- und Rundfunksendern. Infrastrukturinvestitionen wurden zurückgestellt.
Spanier gegen Panik - 639 Mrd. Euro
Spanien kämpft seit Monaten dagegen an, um nicht auch noch unter den Euro-Rettungsschirm flüchten zu müssen. Die Devise dabei: nur keine Panik. Was allerdings nicht alle so sehen. Vor einem halben Jahr wurden allerdings durchaus einschneidende Sparmaßnahmen in die Wege geleitet. Insgesamt kamen so an die 29 Milliarden Euro zusammen. Allein durch die Anhebung der Tabaksteuer nehmen die Spanier eine Milliarde Euro ein. Die Lotterien und Flughafenverwaltungen werden teilprivatisiert. Das Pensionsantrittsalter wurde von 65 auf 67 Jahre erhöht. Steuerfreibeträge fielen weg, die Mehrwertsteuer wurde auf 18 Prozent erhöht. Die Beamtengehälter kürzte man um fünf Prozent, und man fuhr die Investitionen drastisch zurück.
Rosskur der Iren - 148 Mrd. Euro
In Irland wurde vor einem halben Jahr ein drastisches Sparpaket mit Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen verabschiedet. Innerhalb von vier Jahren soll das Budgetdefizit von 11,6 Prozent des BIPs (2010) auf drei Prozent gedrückt werden. Vor dem Sparpaket zahlten 45 Prozent der Iren keine Einkommensteuern. Nun gibt es für Bezieher niedriger Einkommen eine zehnprozentige Absenkung der Freibeträge, und sie müssen eine Sozialabgabe entrichten. Für mittlere Einkommen gilt Ähnliches. Besserverdiener verlieren zahlreiche Steuerschlupflöcher. Das Kindergeld wurde ebenso wie die Spitzengehälter von Politikern und Beamten gekürzt, die Studiengebühren angehoben. In Summe kommt man auf ein Paket von etwa 15 Milliarden Euro.
Die Griechen stöhnen - 329 Mrd. Euro
Das griechische Sparpaket ist das schwerste unter den Krisenstaaten – und es war heiß umkämpft. Während es die Abgeordneten mit knapper Mehrheit annahmen, tobten in Athen Straßenschlachten. Das Paket umfasst insgesamt 78 Milliarden Euro, wobei 50 Milliarden durch Privatisierungen hereingebracht werden sollen und 28 Milliarden durch Steuereinnahmen und Sparmaßnahmen. Zum Verkauf stehen u. a. die profitable Elektrizitätsgesellschaft DEI, an der der Staat 51 Prozent hält, die staatliche Eisenbahn oder die Häfen von Piräus und Thessaloniki. Außerdem wird die Mehrwertsteuer erhöht sowie die Steuern auf Jachten, Pools und Autos. Besserverdiener zahlen eine Solidaritätssteuer. Bis 2015 müssen zudem 150.000 Beamte gehen.
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