Schwarzgeld: Deutschland paktiert mit Schweiz "Ablasshandel"

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Deutsche müssen künftig für ihr Geld in der Schweiz 26 Prozent Steuer zahlen. Das Bankgeheimnis bleibt - die Überweisung erfolgt anonym.

Berlin/Bern/Ag. Deutschland und die Schweiz ziehen einen Schlussstrich unter einen jahrelangen Streit, der mit dem Verkauf einer CD mit – gestohlenen – Daten hunderter deutscher Steuersünder Anfang 2010 seinen Höhepunkt gefunden hat. Es geht um die Besteuerung jener in die Milliarden gehenden Vermögen, die Deutsche meist am Fiskus vorbei in der Schweiz deponiert haben. Am Mittwoch wurde in Bern ein Abkommen paraphiert, das sowohl eine „Ablassregelung“ für Altvermögen als auch eine Abgeltungssteuer vorsieht, die eidgenössische Banken für den deutschen Fiskus auf künftige Erträge erheben.

Das Abkommen, das Anfang 2013 in Kraft treten könnte, bringt Deutschland zusätzliche Steuermilliarden und rettet im Gegenzug der Schweiz das Bankgeheimnis. Die Eckpunkte:

• Deutsche Kapitalflüchtlinge können illegal in der Schweiz geparktes Schwarzgeld einmalig nachversteuern – zu Steuersätzen zwischen 19 und 34 Prozent. Die Höhe wird durch die Dauer der Kundenbeziehung sowie das Kapitalvolumen bestimmt. Damit ist das Vermögen legalisiert. Die Schweizer Banken verpflichten sich im Gegenzug zu einer Vorauszahlung von zwei Mrd. Schweizer Franken (1,9 Mrd. Euro) an Deutschland. Diese wird mit den weiteren Zahlungen aus der Nachversteuerung des Altvermögens verrechnet. Die Alternative: Der deutsche Kunde legt seine Identität gegenüber den deutschen Steuerbehörden offen.

• Für künftige Kapitalerträge in der Schweiz müssen deutsche Anleger eine Abgeltungssteuer (die hierzulande der Quellensteuer entspricht) entrichten. Sie ist mit 26,375 Prozent in etwa so hoch wie die in Deutschland und Österreich fällige Ertragsbesteuerung (KeSt) von 25 Prozent plus einem sogenannten „Solidaritätszuschlag“.

Wie auch bei der Nachversteuerung wird das Geld künftig anonym an Deutschland überwiesen.

• Um zu verhindern, dass neues unversteuertes Geld in der Schweiz angelegt wird, können deutsche Behörden im Sinne eines Sicherungsmechanismus bei einem plausiblen Anlass Auskunftsgesuche stellen, die den Namen des Kunden, jedoch nicht zwingend den Namen der Bank enthalten müssen.

Genaue Angaben über Schwarzgeldguthaben in der Schweiz gibt es nicht. Schätzungen zufolge sollen deutsche Anleger zwischen 130 Mrd. und 180 Mrd. Euro illegal in das Nachbarland geschleust haben. In einigen Bewertungen ist auch von bis zu 280 Mrd. Euro die Rede. Es ist daher offen, wie stark der deutsche Fiskus von der Regelung profitiert. Die Einnahmen teilen sich Bund, Länder und Kommunen.

Tausende Selbstanzeigen

Der Stein des Anstoßes in der Diskussion kam aus dem Nachbarland Liechtenstein: Der Verkauf gestohlener Steuerdaten des Liechtenstein Global Trust (LGT), der auch den Exchef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel, als Steuersünder entlarvt hatte, brachte auch die Schweiz als Steueroase ins Visier deutscher Steuerfahnder. Öl ins Feuer goss dann der damalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück, der die Schweiz mit Indianern verglich, die mit der US-Kavallerie rechnen müssten.

Anfang 2010 verkaufte schließlich ein Informant den deutschen Behörden für 2,5 Mio. Euro Daten von 1500 Anlegern, die ihr Geld unversteuert in die Schweiz transferiert hatten. Tausende Selbstanzeigen folgten.

Im Oktober 2010 unterzeichneten die Länder ein neues Doppelbesteuerungsabkommen und vereinbaren eine Abgeltungssteuer. Ein heikler Punkt war bis zum Schluss, dass die Schweiz im Falle zu strenger Regelungen fürchtete, dass Anleger Geld aus der Schweiz abziehen und in Richtung Asien transferieren könnten. Damit wäre beiden Ländern nicht gedient, hieß es. Jetzt setzen Berlin und Bern auf einen Neuanfang.

Auf einen Blick

Der Steuerstreit zwischen der Schweiz und Deutschland ist beendet. Die Länder paraphierten am Mittwoch ein Abkommen, das sowohl eine einmalige Abgeltungssteuer für bisher in der Schweiz gebunkertes Vermögen als auch eine künftige Steuer auf Zinsen, Dividenden und Kapitalgewinne enthält. Sie beträgt 26,375 Prozent. Beide Abgaben werden anonym an Deutschland abgeführt. Die Schweiz behält somit ihr Bankgeheimnis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2011)

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