Eine Studie entlarvt die Berserker im Handelsraum

Eine Studie entlarvt Berserker
Eine Studie entlarvt Berserker(c) EPA (SEBASTIAO MOREIRA)
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Verglichen wurde das Verhalten von 27 professionellen Tradern aus der Schweiz mit einer bereits existierenden Studie, die das Verhalten von 24 Psychopathen in geschlossenen Kliniken in Deutschland untersucht hatte.

St. gallen/Red./Ag. Dass Börsianer nicht zur umgänglichsten Menschenkategorie gehören, hat man seit dem Film-Welterfolg „Wall Street“ ja geahnt. Was jetzt zwei Studenten an der Universität St. Gallen im Rahmen einer MBA-Arbeit herausgefunden haben, übertrifft aber wohl das schlimmste Vorurteil: Aktienhändler verhalten sich beträchtlich rücksichtsloser als Psychopathen, heißt es da. Ohne dass sie deshalb freilich mehr Gewinn erzielen würden.

Verglichen wurde das Verhalten von 27 professionellen Tradern aus der Schweiz mit einer bereits existierenden Studie, die das Verhalten von 24 Psychopathen in geschlossenen Kliniken in Deutschland untersucht hatte. Die Annahme der Studenten: In der Computersimulation, die beiden Untersuchungen zugrunde lag, würden sich die Aktienhändler ähnlich egoistisch und rücksichtslos wie die Psychopathen verhalten, aber deutlich bessere Ergebnisse erzielen. Eigentlich keine sehr nette Annahme aus der Sicht der Aktienprofis.

Das Ergebnis erstaunte aber selbst die Studienautoren: Die Händler waren deutlich aggressiver und unkooperativer als die Psychopathen – ohne allerdings bessere Ergebnisse abzuliefern. Und zwar deshalb, weil sie weniger den maximalen absoluten Gewinn im Auge hatten als die maximale Schädigung ihrer direkten „Gegner“. Einer der Studienautoren verglich das Verhalten mit jemandem, der mit einem Baseballschläger auf das Auto seines Nachbarn eindrischt, um selbst das schönste Auto in der Gegend zu haben.

Worauf die Studie keine Antwort gibt: Ziehen die Handelsabteilungen der Geldhäuser so veranlagte Leute an? Oder werden „Normalos“ in solchen Umgebungen erst zu solch unschönem Verhalten konditioniert? Die Vorgesetzten der „Probanden“ sollen jedenfalls entsetzt gewesen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2011)

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